SBB Cargo International setzt bald Datenbrillen ein.

Das Startup Nxtbase technologies aus Potsdam hat zusammen mit SBB Cargo International eine mobile Messlösung für die «Rollende Autobahn» entwickelt. Marcel Theis, Chief Operating Officer des Eisenbahnverkehrsunternehmens, beantwortet dazu im Interview einige Fragen.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit diesem Startup-Unternehmen?

Marcel Theis
Marcel Theis, COO SBB Cargo International

Wir sind selbst ein relativ junges Unternehmen und setzen auf Innovationen im Eisenbahnverkehr. Dabei halten wir nicht an Althergebrachtem fest. Um unseren operativen Betrieb zu beschleunigen und sicherer zu machen, nutzen wir auch unkonventionelle Lösungen. Und da kommt Nxtbase Technologies ins Spiel. Im letzten Jahr auf unserem Führungskräftetag präsentierten sie ihre Datenbrille. Wir wollten damals im Gespräch mit dem Führungsteam herausfinden, wie wir die Automatisierung vorantreiben können. Dies mit dem Ziel, die betrieblichen Prozesse zu verbessern. Dabei herausgekommen ist dann dieses Projekt.

 

Um was geht es darin genau?

Wir müssen die Lastwagen, die auf der «Rollenden Autobahn» durch die Schweiz unterwegs sind, vor der Abfahrt auf die maximal zugelassene Höhe überprüfen. Dazu haben wir gemeinsam eine mobile Lösung entwickelt. Die besteht aus einer intelligenten Datenbrille oder einem Smartphone mit einer speziellen App. Dazu kommt ein digitaler Messstab mit Bluetooth-Modul. Damit lassen sich die Messergebnisse direkt auf die App übertragen.

Welche Vorteile hat die Lösung für den operativen Betrieb?

Bisher werden die Höhen mit einem analogen Messstab ermittelt. Die Werte müssen vor Ort bei Dunkelheit, Wind und Wetter abgelesen und in ein Papierformular übertragen werden. Das ist ein umständliches Verfahren. Kommt es unterwegs zu einem Höhenalarm, weil zum Beispiel der LKW nicht mittig verladen ist oder sich das Fahrzeug gehoben hat, geht die Suche in den Papierdokumenten nach den Messergebnissen los. Das soll nun für immer vorbei sein. In Zukunft haben wir alle Informationen sofort auf Knopfdruck zur Verfügung und können direkt Auskunft über die gemessene Höhe geben. Zudem sind wir in der Lage, mit den gesammelten Daten sehr schnell Analysen durchzuführen. Etwa, ob sich bei bestimmten Speditionen die Probleme häufen.

Und was heisst das für die Mitarbeitenden von SBB Cargo International?

Die werden mit Hilfe der App durch den kompletten Prozess geführt. Der wird dadurch einheitlicher und wir können Ablesefehler vermeiden. Die Arbeit für unsere Wagenmeister wird dadurch leichter. Gleichzeitig können sie mit Hilfe der App neben der Fahrzeughöhe auch Schäden an den LKWs papierlos dokumentieren. Zum Beispiel der Zustand der Trailer.

Wie sieht das dann in der Praxis aus?

Unsere Mitarbeiter an den Kontrollpunkten geben die Zugnummer in die App ein, fotografieren zunächst das Kennzeichen des Lastwagens. Sie messen die Höhen an den vier Ecken. Schliesslich erfassen sie die für das Fahrzeug vorgesehene Position auf dem Zug. Die Werte und das digitalisierte Nummernschild werden auf eine von Nxtbase Technologies entwickelte Cloud-Plattform übertragen. In diesem Control Center können die Daten dann jederzeit abgerufen werden. Sie stehen dort auch direkt für Reports zur Verfügung. Werden die zulässigen Messwerte überschritten, sieht der Wagenmeister in der App eine rote Ampel. Zusätzlich bekommt er ein akustisches Signal. Daraufhin kann er den LKW-Fahrer zum erneuten Ablassen des Aufliegers auffordern oder den Lastwagen abweisen.

Was sind bei der Umsetzung dieser Lösung besondere Herausforderungen?

Wir brauchen eine stabile Datenverbindung. Das ist im Grenzgebiet nicht immer ganz einfach. Auch die Bluetooth-Verbindung vom Messstab zum Smartphone muss stark genug sein. Denn es sind Distanzen von mehr als 20 Meter zu überbrücken. Hier wird noch an Anpassungen bei der Hardware gearbeitet.

Wie ist der aktuelle Stand des Projekts?

Die App ist fertig entwickelt und in Basel-Kleinhüningen bereits getestet worden. Jetzt geht sie mit einigen Hardware-Veränderungen in den Testbetrieb nach Freiburg. Dort erproben wir dann neben dem Smartphone auch den Einsatz der Datenbrille. Im Prinzip ist diese Lösung bereits ausgereift. Wir müssen nur noch einige technische Herausforderungen lösen. Aber wir arbeiten auch schon am nächsten Projekt. Da geht es um die Dokumentation von Unregelmässigkeiten an Ladeeinheiten. Dazu nutzen wir das Smartphone und im nächsten Schritt dann die Datenbrille. Das wird dann aber nicht nur die «Rollende Autobahn» betreffen, sondern alle unsere Containerzüge. In der Endausbaustufe wollen wir damit die gesamte Wagentechnische Untersuchung papierlos gestalten und Papier-System-Schnittstellen überflüssig machen.

Und die Datenbrille, spielt die in Zukunft auch eine Rolle?

Wir suchen hier im Moment nach Einsatzfeldern bei SBB Cargo International – etwa im Remote Support. Unser Ziel ist es, in möglichst allen betrieblichen Bereichen durch die Automatisierung Prozesse wirtschaftlicher zu gestalten.

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