Mit der Projektgenehmigung und der Unterzeichnung eines Abkommens zwischen Italien und Frankreich steht der Umsetzung der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke Lyon–Turin nichts mehr im Weg. Die Neubaustrecke soll 2026 für den Güterverkehr bereitstehen.
Mit der neuen Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Lyon in Frankreich und Turin in Italien sollen ab 2026 jährlich 1 Mio. Lkw auf die Schiene verlagert und 40 Mio. t bis 50 Mio. t Güter p.a. mit der Bahn auf dieser Strecke transportiert werden. Dies wird zu einer Reduktion der Treibhausgase um jährlich 1 Mio. t führen. Mit dem Bau der neuen Verbindung zwischen Frankreich und Italien werden aber nicht nur die nötigen Kapazitäten für den wachsenden Güterverkehr auf der Schiene geschaffen, sondern auch die notwendige Infrastruktur für die modernen und immer länger werdenden Güterzüge und den Transport breiter Container per Bahn bereitgestellt.
So lang wie der Gotthard-Basistunnel
Die Neubaustrecke ist 140 km lang, davon nehmen 87 km Tunnel ein. Die Verbindung besteht aus drei Abschnitten: dem französischen Teil zwischen Lyon und Saint-Jean-de Maurienne, dem italienischen Teil zwischen Turin und Bruzolo sowie dem internationalen Mittelteil – dem Herzstück des Projektes – mit dem Mont-Cenis-Basistunnel. Mit 57 km wird dieses zentrale Verbindungsglied gerade so lang wie der sich im Bau befindende Gotthard-Basistunnel in der Schweiz und somit einer der längsten Eisenbahntunnel weltweit sein. Die Kosten für den Bau dieses internationalen, grenzüberschreitenden Abschnittes belaufen sich auf etwa 8,5 Mrd. EUR. Davon wird Frankreich 2,2 Mrd. EUR, Italien 2,9 Mrd. EUR und die Europäische Union 3,4 Mrd. EUR tragen. Die Gesamtinvestitionen betragen geschätzte 26 Mrd. EUR. Mit 40% wird die EU voraussichtlich den Löwenanteil der Projektsumme finanzieren.
Herzstück im Ten-T Verkehrsnetz
Die Verbindung Lyon-Turin ist für den Güterverkehr in ganz Europa wichtig, da sie ein Schlüsselabschnitt im trans-europäischen Verkehrsnetz ist, sowohl auf dem Ten–T–Korridor Nord–Süd wie Ost–West. Sie ist das Herzstück der Eisenbahnlinien London–Amsterdam–Paris–Mailand und Lissabon–Budapest.
Die bestehende Strecke Lyon–Turin ist 144 Jahre alt und stösst schon seit längerem an ihre Grenzen. Die Planung dauert bereits Jahre, das Vorhaben ist umstritten. Die Gegner kritisieren das Projekt, weil sie insbesondere für das norditalienische Susatal Umwelt- und Gesundheitsrisiken befürchten. Durch die anstehenden Tunnelbohrungen werden Asbest und Uran freigesetzt. Mehrfach wurde der Baubeginn schon verschoben. Mit der jetzt erfolgten definitiven Genehmigung des grenzüberschreitenden Streckenabschnitts und der darauffolgenden Unterzeichnung eines entsprechenden Abkommens stehe dem Neubau der Lyon–Turin–Eisenbahnstrecke nichts mehr im Weg, erklärten sowohl der französische Staatspräsident François Hollande als auch der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi kürzlich vor der Presse. Die Europäische Kommission begrüsste den Projektfortschritt. Der Baubeginn soll bereits 2016 erfolgen, die neue Verbindung 2026 vollständig betriebsbereit sein. Die Züge werden dann die Strecke mit einer Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h befahren können, was die Transitzeit von 3,5 Stunden auf 1,47 Stunden reduzieren wird. Mit der Ausführung des internationalen Projektteils ist das neu gegründete Unternehmen TELT (Euralpine Tunnel Lyon – Turin) beauftragt, ein Joint Venture, dessen Anteile zu je 50% den italienischen Staatsbahnen (FS) und dem französischen Staat gehören.