«Nun können wir aufatmen»

Güterverkehr im Wandel – Jürg Bommer (Teil 3). Jürg Bommer war schon dabei, als der Güter­verkehr zum letzten Mal schwarze Zahlen schrieb. Das positive Ergebnis 2013 bei SBB Cargo erfüllt ihn mit Genugtuung.

Jürg Bommer, frühes Bild JJürg Bommer, aktuelles Bild

Man schrieb das Jahr 1975, Jürg Bommer hatte gerade seine Ausbildung als Lokführer bei der SBB abgeschlossen. «Wir durften nur mittwochs selber fahren, die anderen Wochentage wurden wir im Führerstand als Begleiter eingesetzt.» Die Schweiz befand sich in einer Wirtschaftskrise. Auf einmal gab es zu viele Lokführer.

1967, als er die Lehre als Maschinenschlosser bei der SBB begonnen hatte, waren die Aussichten noch rosig gewesen. Der Güterverkehr war lange Zeit der Goldesel der SBB. Dank ihm konnte die Bahn dem Bund jedes Jahr schöne Überschüsse abliefern. Dies änderte sich erst Anfang der Siebzigerjahre, als die Erdölproduzenten am Golf ihre Liefermengen drosselten und die Wirtschaft in eine Krise stürzten.

Bommer führte damals Güter- und Personenzüge. Es gab noch keine strikte Trennung zwischen den beiden Sparten. Die SBB nahm noch Stückgut mit, und in den Gepäckwagen wurden in kleinen Käfigen auch mal Schafe oder Ziegen transportiert. «Züge mit Gepäckwagen mussten manchmal an jeder zweiten Station zum Ein- und Ausladen anhalten, das konnte dauern», erinnert sich Bommer.

Seither hat sich vieles verändert. Bommer fährt auf der Lok längst allein. Seit 1980 rollen Lastwagen durch den Gotthardstrassentunnel, womit die Bahn das faktische Monopol auf den alpenquerenden Güterverkehr verlor. Später folgte die Divisionalisierung. SBB Cargo wurde eine eigene Aktiengesellschaft, und Jürg Bommer ergriff die Gelegenheit, beim Aufbau dieses Unternehmens mitzuwirken. Er wurde Leiter Lokpersonal im Rangierbahnhof Limmattal (RBL).

Nun sitzt Bommer in einem Besprechungszimmer am RBL und soll etwas zum positiven Abschluss bei SBB Cargo sagen: 2013 schreibt der Güterverkehr erstmals nach über 40 Jahren schwarze Zahlen. «Das freut mich riesig», sagt er.  «Nun können wir aufatmen, wenn auch nicht zurücklehnen.»

Die Sanierungsmassnahmen bei SBB Cargo waren manchmal hart, gesteht er. Als Führungsperson möchte er menschlich bleiben und den Druck nicht immer weitergeben. In zwei Jahren wird er pensioniert, er kann seine Arbeit deshalb mit mehr Gelassenheit angehen. Sein Geheimnis? «Wenn man den ganzen Tag am Computer sitzt, lernt man die Menschen nicht kennen.» Er hält es mit Abt Werlen, sein Buch «Bahngleichnisse» liegt bei ihm auf dem Pult: «Den Menschen kann man nur verstehen, wenn man mit ihm unterwegs ist», heisst es dort.

Nach über 40 Jahren schreibt der Güterverkehr bei der SBB im Jahr 2013 wieder schwarze Zahlen. Wie kam es vom letzten positiven Ergebnis zum aktuellen? Dazu erscheint auf dem Cargo Blog eine kleine Serie, in der sich langjährige Mitarbeitende erinnern.

Bisher erschienen:

Pierre Noethiger (Teil 1)

Beat Lampart (Teil 2)

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