«Wir müssen morgen den Güterwagen von übermorgen kaufen»

Drei Minuten mit… Jens-Erik Galdiks, Verantwortlicher Flottenerneuerung und Modernisierung bei SBB Cargo. Im Interview spricht er über Kooperationen in Europa und erklärt, wie der Güterwagen 2050 aussehen könnte.

J. GaldiksHerr Galdiks, Sie sind verantwortlich für die Flottenerneuerung und Modernisierung. Ist die aktuelle Flotte zu alt?
Wir erneuern die Flotte kontinuierlich. Dazu gehört, dass wir morgen wissen, welchen Güterwagen wir für übermorgen kaufen sollen. Die Frage nach Innovation treibt die Technik voran. Die Zukunft des Güterwagens liegt im europaweiten Standardwagen, den es aber heute noch nicht zu kaufen gibt. Wir müssen uns diesen aber heute schon vorstellen können. Dazu gehört Innovation und Vision. Dies sind die Voraussetzungen für erfolgreiches Unternehmertum und erfolgreichen Wettbewerb.

Güterwagen sehen immer noch so aus wie vor 50 Jahren. Die fehlende Innovation ist doch offensichtlich.
Der Bahnsektor ist in meinen Augen nicht sehr innovationsbegeistert. Jede Güterbahn ist spezifisch, so wie die ganze Branche spezifisch und individuell ist. Die Einstellung im Schienengüterverkehr muss sich ändern und die Bahngesellschaften müssen anfangen, sich mehr von anderen Branchen abzuschauen. Es bringt nichts, eine Technik spezifisch für die Bahn neu zu entwickeln. Oft haben andere Branchen eine ähnliche Technik bereits entwickelt, welche man für die Bedürfnisse der Bahn kopieren und anpassen kann. Wir haben etwa angefangen, die Technik einer LKW-Lichtmaschine zu benutzen, anstatt eine neu zu entwickeln. Man kann also durchaus von dem profitieren, was schon längst auf dem Markt ist. Das spart Zeit und Geld.

Wo muss die Branche ausserdem besser werden?
Gemeinsam mit den anderen Bahnen müssen wir in Sachen Innovation des Wagens auf Kooperation statt auf Konkurrenz setzen. Wir haben heute schon einen regen Austausch mit anderen Bahnen und unseren Herstellern. Dabei entwickeln wir Wagen und Loks gemeinsam weiter. Da wir im europäischen Vergleich eher eine kleine Güterbahn sind, sind wir auf diesen Austausch mit andern Bahnen angewiesen, damit wir auch von Innovationen profitieren können, die wir uns allein nicht leisten könnten. Nur so können wir im wachsenden Wettbewerb Schritt halten.

Welche Rolle spielt die Schweiz in Europa?
Die SBB engagiert sich auf EU-Ebene unter anderem im Rahmen von Shift2Rail, einer Initiative von Bahngesellschaften. In einem Konsortium dort mit Namen EUROC hat die SBB den Lead für den Bereich Güterverkehr übernommen. Es trägt wesentlich zur bereits erwähnten Kooperation der Bahngesellschaften in Europa bei. Des Weiteren treibt SBB Cargo aktiv den Technischen Innovationskreis Schienengüterverkehr (TIS), der sich mit der Frage des Güterwagens 2030 befasst, voran.

Wo sehen Sie SBB Cargo 2050?
2050 wird der intelligente Güterwagen auch für SBB Cargo ein wesentlicher Bestandteil der zukünftigen Flotte sein. Solche Güterwagen wissen dann, was sie geladen haben und wann ein Defekt vorliegt. Das bedeutet für uns eine starke Vereinfachung im gesamten Produktionsprozess. Ausserdem erhöht die Kundenzufriedenheit, da wichtige Informationen und auch Probleme schneller gemeldet und Züge besser lokalisiert werden können.

Ein Kommentar zu “«Wir müssen morgen den Güterwagen von übermorgen kaufen»

  1. So lange wir in Europa keine besseren Güterwagen haben, müssen die Güterzüge langsamer fahren: Sonst wird es weitere Unglücke mit schlimmen Folgen geben !
    Besonders wegen der vielen Spurwechsel bei Unterhaltsarbeiten an Geleisen …

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