Bild Vermesser der Bauunternehmung bei der Arbeit im Tunnel

Millimetergenau durch den Berg

Die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke durch die Alpen stellt hohe Anforderungen an die Präzision der Bauwerke. Zuverlässige und hochgenaue Vermessungsverfahren garantierten die nötige millimetergenaue Absteckung.

Als am 29. Februar 1880 der Durchstich des Gotthard-Scheiteltunnels erfolgte, feierte man die schier unglaubliche ingenieur- und vermessungstechnische Leistung: Dass die Abweichungen nur 33 Zentimeter seitlich und 5 Zentimeter in der Höhe betrugen war für damalige Zeit ein Meisterwerk. Um sicherzustellen, dass die beiden Richtstollen korrekt zusammentreffen, nahm man damals eine doppelte Vermessung vor: die erste im Jahr 1869 durch den Ingenieur Otto Gelpke und die zweite fünf Jahre später durch den erst 25-jährigen Geodäten Carl Koppe. Sie verwendeten für ihre Arbeit unter anderem eigens für die Vermessung des Gotthard-Scheiteltunnels angefertigte Absteckungsapparate.

Für den Gotthardbasistunnel knapp 130 Jahre später schöpfte man neueste technische Möglichkeiten aus, von denen die Pioniere des ersten Gotthardtunnels nicht einmal träumen konnten. Mit Satellitenmesstechnik wurde über das gesamte Projektgebiet ein Netz von Fixpunkten gelegt. Diese stellten den Bezug zwischen Plänen und Gelände her und dienten als Ausgangspunkte für die unterirdische Tunnelabsteckung. Dabei massen die Ingenieure mit dem Prinzip des Polygonzuges durch fortlaufendes Messen von Winkeln und Distanzen in den Tunnel hinein.

 

Steuerung der Vortriebsrichtung
Die Vermessungsaufgaben im Tunnel waren vielfältig. Insbesondere ging es um die Absteckung von Rohbauten, Bahntechnikinstallationen und Einbauten. Zudem wurden die Tunnelbohrmaschinen und Sprengvortriebe mit Vermessungsdaten gesteuert. Sämtliche Daten des Absteckungsnetzes mussten dabei laufend nachgeführt werden. Auch die Überwachung des Bauwerks und das Erkennen von Verformungen gehörten zur den Aufgaben der Vermessung.

 

Verfälschende Einflüsse berücksichtigen
Die enormen Dimensionen in den langen, unterirdischen Tunnelbauwerken erschwerten die Vermessung. Aufgrund der vielen Baustellen, der komplexen Zugänge und des rund um die Uhr laufenden Baubetriebs war die Organisation sehr anspruchsvoll. Zu berücksichtigen waren zudem Einflüsse, welche die Messergebnisse verfälschen: Die Temperaturunterschiede zwischen der Tunnelwand mit hoher Felstemperatur und der kühleren Tunnelmitte können die Laserstrahlen der Vermesser ablenken (Refraktion). Wenn immer möglich positionierte man die Vermessungsstative deshalb in der Tunnelmitte. Auch die Einflüsse des Geoids galt es zu berücksichtigen. Als Geoid bezeichnet man die genaue Form der Erde, die wegen der unterschiedlichen Dichteverhältnisse im Erdmantel und wegen der Gebirgszüge an der Oberfläche nicht exakt die Form einer Kugel hat. Hätten die Vermesser diese Einflüsse nicht durch Modellierungen berücksichtigt, wäre mit Vermessungsfehlern im Meterbereich zu rechnen gewesen.

 

Die Vermessungsinstrumente

Tachymeter: Erlauben hochpräzise Richtungs-, Distanz- und Höhenwinkelmessung. Moderne Tachymeter sind motorisiert und computergesteuert. Sie senden Infrarotlichtwellen aus, mit denen Reflektoren angezielt werden.

Vermessungskreisel: Ermöglichen im Tunnel die genaue Bestimmung von Richtungen. Ein Kreisel wird in der Pendelbewegung von der Erdrotation beeinflusst du gibt dadurch die geografische Nordrichtung an.

Laserscanner: Können bis zu 500 000 Punkte pro Sekunde erfassen und ermögliche die Messung von foto-realistischen, dreidimensionalen Modellen. Man verwendet sie beid er Abnahme des Rohbaus, weil sich dadurch sogar schmale Risse im Beton erkennen lassen. Sie liefern wertvolle Informationen für den Bahntechnikeinbau sowie für den Betrieb und den Unterhalt.

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