Wo sind die Wettbewerber des Wagenladungsverkehrs?

Während im Transitverkehr durch die Schweiz der Wettbewerb unter den Bahnunternehmen spielt, ist dies im Wagenladungsverkehr in der Schweiz kaum der Fall. Braucht es deshalb weitere Liberalisierungsschritte?
Wagenladungsverkehr

Immer wieder wird geschrieben, der Schienengüterverkehr sei nicht innovativ genug und bleibe auch bei den Produktivitätszuwächsen deutlich hinter dem Wünschenswerten zurück. Schnell folgt dann der Ruf nach mehr Wettbewerb. Die einfache Formel dahinter lautet: Ohne Wettbewerb keine Produktivitätszuwächse, ohne Wettbewerb keine Innovationen. Und ohne Produktivitätszuwachs und ohne Innovationen gibt es keine Zukunft. So auch die Economuiesuisse in ihrer Publikation «Güterverkehr und Logisik – Lösungsansätze der Wirtschaft für eine starke und vernetzte Schweiz». Dort heisst es, «die Wettbewerbsintensität muss erhöht werden» und «durch die Trennung von Infrastruktur und Verkehr [sollen] längst fällige Produktivitätsgewinne erzielt werden» (S. 58 ff.).

Mit der gleichen Formel sind auch die Verkehrspolitiker in Europa und in der Schweiz angetreten, als sie in den 1990er Jahren begannen, die Güterverkehrsmärkte zu liberalisieren. Mit Erfolg? Blickt man auf den Transitverkehr auf der Nord-Süd-Achse durch die Schweiz, so zeigt sich, dass hier, wo ganze Züge über lange Distanzen verkehren, die Liberalisierung ihre Wirkung gezeigt hat. Hier spielt der Wettbewerb auf der Schiene seit einigen Jahren mit hoher Intensität. In der Folge haben sich Qualität und Preise seit 1999 in die gewünschten Richtungen entwickelt. Anders ist die Situation im Wagenladungsverkehr in der Schweiz, wo einzelne Wagen und Wagengruppen von Anschlussgleis zu Anschlussgleis über deutlich kürzere Distanzen befördert werden. In diesem Bereich ist der Güterverkehr zwar auch liberalisiert; Schienenverkehrsunternehmen können unter Einhaltung der Zugangsbedingungen (Sicherheitsbescheinigungen, etc.) ihre Aktivitäten relativ frei definieren. Trotzdem spielt hier der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Bahnunternehmen noch immer eine unbedeutende Rolle.

Aber ist es richtig, deshalb hier nach weiteren Liberalisierungsschritten zu rufen? Ist der fehlende Wettbewerb das grosse Problem, und lässt sich dies durch weitere Liberalisierung lösen? Ich bin da skeptisch. Wettbewerb entsteht nur dort, wo es etwas zu gewinnen gibt. Mindestens in der Vergangenheit war das im Wagenladungsverkehr in der Schweiz eher nicht der Fall. Und: Es ist ja nicht so, dass der Wagenladungsverkehr in der Schweiz keinem Wettbewerb ausgesetzt wäre. Bereits heute ist der Wagenladungsverkehr in Preis und Qualität einem intensiven Wettbewerb mit der Strasse ausgesetzt. Der Druck, sich zu innovieren und die Produktivität weiter zu steigern, ist damit durchaus gegeben.

Erwähnenswert bleibt dann aber noch eine Besonderheit im Wettbewerbsumfeld des Wagenladungsverkehrs. SBB Cargo ist der einzige Player im Schweizerischen Binnengüterverkehr, der eine Güterverkehrspflicht auferlegt bekommen hat, aus der sich unklare, politische Erwartungen an das Leistungsangebot im Schienengüterverkehr ableiten lassen, die eher dem Gedanken des service public entspringen, als dem klaren Bekenntnis zum Wettbewerb. Der Bundesrat möchte die SBB denn auch von dieser Pflicht, Güterverkehr betreiben zu müssen, entbinden. Zurzeit befindet sich eine entsprechende Vorlage in der parlamentarischen Beratung.

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