In luftigen Höhen der Urner Alpen

Doris und René Bättig bewarten seit vier Jahren die Etzlihütte, welche sich auf Urner Seite ziemlich genau über dem Gotthard-Basistunnel befindet. Was war ihre Motivation, den Job im geheizten Büro aufzugeben und auf viele Annehmlichkeiten des modernen Lebens zu verzichten?

Bei der Alp Etzliboden hört die Naturstrasse auf, der Bergweg beginnt. Er steigt stetig, aber ziemlich sanft an und verläuft mehr oder weniger entlang dem Bach im Etzlital, einem Seitental des Urner Maderanertals. Er folgt der Trasse des neuen Gotthardbasistunnels, der nächstes Jahr eröffnet wird. Tief unten im Berg werden also schon bald Güter- und Personenzüge durch die Alpen brausen!

Nach gut drei Stunden Weg ab der Postautostation Golzern liegen Kühe mit ihren Kälbern (Mutterkuhhaltung) am Ufer des Bachs. Die Tiere schauen und kauen, sie sehen friedlich aus. Zeitweise durchbricht die Sonne die Wolkendecke. Nach einem Aufstieg über eine Felskante erreichen wir schliesslich die Etzlihütte auf 2050 Meter über Meer.

Bewartet wird die Hütte des Schweizerischen Alpenclubs (SAC) von René (56) und Doris Bättig (59). Doris ist in der Küche gerade daran, die Heidelbeeren einzupacken, die sie bei einer Bekannten gekauft hat und später zu einem Kuchen verarbeiten wird. Als sie damit fertig ist, nimmt sie Platz am grossen Holztisch auf der Terrasse.

Sie hält zusammen mit ihrem Mann die Hütte schon den fünften Sommer in Schuss. «Ich schätze vor allem die zufriedene Kundschaft. Es wird kaum genörgelt.» Vor über 30 Jahren hatten sie und ihr Mann schon einmal das Restaurant Bahnhöfli in Wangen bei Olten geführt. Im Flachland sei die Kundschaft anspruchsvoller, findet sie.

Etzlital

Während gut sechs Monaten pro Jahr bewirtet das Paar die Gäste in der Hütte. Von Anfang Juni bis Mitte Oktober in der Sommersaison, von Ende Februar bis Mitte April plus über Weihnachten in der Wintersaison. Mehr als die Hälfte des Jahres verbringen sie also in luftiger Höhe in den Urner Alpen. In der übrigen Zeit wohnen sie in einem Dorf im Luzernischen.

Auch wenn sie in der Hütte sind, kehren sie einmal pro Woche ins Unterland zurück. «Es gilt, seine sozialen Kontakte zu pflegen und darauf zu achten, dass man nicht den Hüttenkoller bekommt, wenn man so auf engem Raum beieinander lebt», sagt René Bättig, der inzwischen dazu gestossen ist.

Was war die Motivation für ihn, seinen Job als Kundenberater bei einem Krankenversicherer aufzugeben und sich als Hüttenwart zu bewerben? «Ich war damals 52 und konnte mir nicht vorstellen, noch einmal 13 Jahre vor dem Computer zu arbeiten», sagt René Bättig. Obwohl der Job streng ist. Es gibt Tage, an denen er und seine Frau 15 oder 16 Stunden arbeiten.

Im Frühjahr greifen sie zur Schaufel, um den Weg freizumachen für den Aufstieg. Die Tätigkeit beinhaltet viel Handarbeit, und sie ist abwechslungsreich. «Solange wir gesund sind, machen wir weiter», hält René Bättig fest. Auch seine Frau findet: «Es ist ein schönes Leben in der Hütte».

Beim Abstieg haben die Kühe ihren Platz gewechselt. Sie befinden sich nun etwas weiter unten im Tal und versperren den Weg. Es empfiehlt sich, den Pfad kurz zu verlassen und einen Bogen um sie zu machen, um die Muttertiere nicht zu reizen.

Zurück auf dem Etzliboden, lohnt sich ein Abstecher in die lokale Käserei. Bepackt mit einem Stück Alpkäse und mit Ziger, erreichen wir nach einer weiteren guten Stunde schliesslich müde, aber zufrieden das Postauto, das uns zurück nach Amsteg bringt.

Am 10. und 11. September ist die Etzlihütte Ziel einer Volkswanderung, die aus Anlass der Eröffnung des Gotthardbasistunnels stattfindet. Die Wanderung findet unter Leitung des Schweizerischen Alpenclubs (SAC) statt und wird von der SBB mitorganisiert. Kurzentschlossene können sich hier noch dafür anmelden. Auf einer eintägigen Direttissima werden zudem Profisportler dem Verlauf des Basistunnels möglichst exakt folgen.

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