Digitales in Dortmund

Der Trend zur Digitalisierung der Logistik verändert nicht nur die Anforderungen an die IT-Kompetenz der Logistikdienstleister, sondern erzwingt auch ein Überdenken der Geschäftsmodelle, wie der Zukunftskongress in Dortmund zeigte.

Schöne, neue Logistikwelt: Bereits heute werden grosse Containerterminals und Warenlager mit Hilfe von fahrerlosen Transportsystemen betrieben. Schon in ein paar Jahren könnten die ersten autonom gesteuerten Lkw zumindest über Autobahnen fahren und intelligente Behälter selbständig ihren Weg an ihren Bedarfsort finden. Doch nicht nur für die Logistiktechnik leitet die fortschreitende Digitalisierung ein neues Zeitalter ein. In vielen Bereichen müssen Speditionen und Logistikdienstleister ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand stellen. So lautete der Tenor auf dem Zukunftskongress Logistik, den das Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik (IML) zum 33. Mal in Dortmund veranstaltete.

IT als neue Geschäftsgrundlage
«Nach dem Motto «Keine App – kein Geschäft» werden Mobilität und Logistik neue Märkte nur als hybride Dienstleistung erschliessen können», warnte Prof. Michael ten Hompel, geschäftsführender Institutsleiter am Fraunhofer IML. Beispiel: Neben dem physischen Transport müssen die Dienstleister grundsätzlich ihren Kunden informationstechnische Mehrwertleistungen wie E-Booking oder Echtzeit-Sendungsauskunft (Positions-daten, Zustand der Sendung) anbieten.

Das Geschäft wird digital, so Hansjörg Rodi.
Das Geschäft wird digital, so Hansjörg Rodi.

Darüber hinaus könnte sich die Wettbewerbslandschaft in bestimmten Transportsegmenten verändern, ergänzte  Hansjörg Rodi, Vorstandsvorsitzender von Schenker Deutschland. Als Beispiel nannte Rodi das Brokerage-Geschäft mit Komplettladungen – also Full Truck Load und Full Container Load. Dieses Geschäft könnte in Zukunft über digitale Plattformen organisiert und abgewickelt werden, denn der Mehrwert durch die klassischen Speditionen ist relativ gering. Diese übergeben die Ladung an ein Transportunternehmen – dadurch, dass sie die Transportleistung für mehrere Kunden einkaufen, erzielen sie in der Regel günstigere Preise. Dieses Geschäftsmodell ist potenziell durch IT-basierte Anbieter gefährdet – analog zum Konzept von Uber.

Dennoch, so Rodi, überwiegen bei der Digitalisierung die Chancen. In Stückgutsystemen, der Luftfracht und der LCL-Seefahrt könnten die speditionellen Services mithilfe von intelligenten Transportbehältern und Big-Data-Analyse-Verfahren effizienter werden. Auch die Kontraktlogistik profitiert seiner Ansicht nach von neuen Technologien im Lager und digitaler Interaktion von IT-Systemen der Verlader und der Logistikdienstleister.

Hohe Erwartungen der Verlader
Die Verladerfirmen aus Industrie und Handel haben auf jeden Fall hohe Erwartungen an die Digitalisierung der Logistik, wie einer Studie der Unternehmensberatung A.T.Kearney und der WHU Otto Beissheim School of Management belegt. In den kommenden zwei Jahren rechnen 82% der 60 befragten Unternehmen mit einer Verbesserung in der IT-Integration innerhalb ihres Betriebes. 77% erwarten sogar eine bessere IT-Integration über Unternehmensgrenzen hinweg. Ausserdem rechnen 72% damit, ihre Lieferketten mit Hilfe von Big Data-Analysen effizienter zu machen. In der Frachtabwicklung erwarten 68%, dass Dokumente in Kürze papierlos ausgestellt, übertragen und archiviert werden. 45% wollen ihre Frachtführer über E-Plattformen direkt auswählen und beauftragen können.

An der Spitze der Investitionsvorhaben steht nach wie vor die unternehmensinterne IT-Integration, in die 70% der Befragten bis 2017 hohe Beträge investieren wollen. Mit 53% folgen unternehmensübergreifende IT-Integration mit Lieferanten, Dienstleistern und Kunden sowie Big-Data-Analysen (48%). Wie Sven Rutkowsky von A.T.Kearney ausführte, erhoffen sich die Unternehmen von den Big-Data-Analysen vor allem reduzierte Lagerbestände (52%) und optimierte Losgrössen in Beschaffung, Produktion und  Versand (45%). Rutkowsky zeigte sich erstaunt darüber, dass die Optimierung des Einkaufs von Logistikleistungen bei den Big-Data-Plänen nur eine untergeordnete Rolle spielt. Nach den Erfahrungen der Unternehmensberatung habe dieser Bereich durchaus ein hohes Potenzial.

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