20 Kilometer Schiene in einem Werk

In Monthey (VS) betreibt Syngenta einen der weltweit grössten Standorte für die Produktion von Pflanzenschutzmitteln. Der Transport – auf dem Gelände und hinaus in die Welt – läuft
über die SBB Cargo-Tochter Chemoil.

Zwanzig Kilometer Schiene durchziehen das Werk von Syngenta in Monthey. Zwischen Rhone und Dents du Midi schmiegt sich die Produktionsstätte zurückhaltend an den Rand der Gemeinde. Zurückhaltend, insofern man das von einem rund 70 Hektar grossen Areal sagen kann. In Monthey produziert Syngenta nicht nur Herbizide, Fungizide und Insektizide, im hiesigen Entwicklungslabor bekommen neue Rezepturen auch den letzten Schliff, so dass sie bereit sind für die Massenproduktion und den weltweiten Vertrieb.

Dreimal täglich bringen Bahnwagen Rohmaterial übers Anschlussgleis aufs Gelände. Und dreimal täglich verlassen die fertigen Produkte per Bahn das Areal. Grösster Logistikpartner von Syngenta ist Chemoil, eine Tochter von SBB Cargo. «Rund 80 Prozent transportieren wir über die Schiene», sagt Nicolas Herold. Als Head of Site Supply Operations ist er verantwortlich für die Standortlogistik und Werksplanung. «Für den Transport grosser Volumen – und wir sprechen hier von mehreren Tausend Tonnen jährlich – ist ein Bahnanschluss natürlich von Vorteil, wenn nicht sogar matchentscheidend», sagt Herold. Ausserdem sei dies einer der Gründe, warum das Werk überhaupt in Monthey stehe: «Da ist erstens der Wasserzufluss durch die Rhone, zweitens die nahegelegenen Salzminen, drittens die Elektrizitätsleitungen und viertens die Bahnlinie zwischen Sion und St-Gingolph, die seit jeher Import und Export ermöglicht.»

Rund 80 Prozent transportieren wir über die Schiene.

Nicolas Herold, Head of Site Supply Operations, Syngenta

Historisch gewachsene Zusammenarbeit

Die erste Bewilligung für den Einsatz von fünf Wagen auf dem Betriebsgelände ist datiert auf den 1. Juni 1899. Damals bestand die Gleisstruktur lediglich aus einem Rechteck, der Richtungswechsel erfolgte über manuell bediente Drehkreuze. Heute ist einiges mehr los auf dem Gelände. «Wer Eisenbahn-Fan ist, darf sich freuen», sagt Nicolas Herold. «Wir haben fast alle Wagentypen: gedeckte und offene Wagen, Kessel- und Silowagen sowie Tragwagen für Container, beheizt, gekühlt oder edelstahlisoliert. Wir können Pulver, Flüssigkeiten oder gasförmige Produkte transportieren.»

Gefahrgut mit Sicherheit

Cargo Magazin 2/23

Dieser Artikel stammt aus dem Cargo Magazin 2/23. Lesen Sie die vollständige Ausgabe hier. Sie möchten das Magazin in gedruckter Form erhalten? Für ein Abonnement klicken Sie bitte hier.

Die meisten Wagen transportieren Gefahrgut. Daher hat Sicherheit hier oberste Priorität; für die Menschen und die Umwelt. Das betrifft Punkte wie Unfallrisiko und Verkehrsüberlastung – «stellen Sie sich vor, was da täglich an Lastwagen durch die Gemeinde rollen würde» –, aber auch Audits und Prüfungen, denen sich Werk und Wagen in regelmässigem Abstand unterziehen. «Für die Sicherheit sind die Transferphasen ebenso entscheidend wie der Transport selbst. Während dieser Zeit leeren oder befüllen unsere Spezialisten die Waggons», so Nicolas Herold. Die Spezialisten sind eigens dafür ausgebildete Mitarbeitende, die sich mit den Produkten und ihren spezifischen Eigenschaften auskennen. Rangierleute bewegen dann die Wagen auf dem Gelände. Syngenta richtet sich streng nach den Leitlinien der RID (Ordnung für den internationalen Eisenbahnverkehr gefährlicher Güter). Herold: «Jedes Jahr überprüfen wir die Sicherheitsstandards und Funktionen und passen daraufhin die Leitlinien entsprechend an. Wir lernen dabei sowohl aus der Erfahrung als auch von der technischen Entwicklung.»

Für die Sicherheit sind die Transferphasen ebenso entscheidend wie der Transport selbst.

Nicolas Herold, Head of Site Supply Operations, Syngenta

Vertrauen ist gut …

… Kontrolle machen die 13 Mitarbeiter des Rangierteams dennoch bei jedem Wagen, der auf das Gelände fährt und der es verlässt. Dabei geht es hauptsächlich um technische Mängel, die nur mit dem Auge erfasst werden können, wie beispielsweise der Zustand der Gefahrguttafeln, die am Wagen angebracht sind und über den Inhalt informieren: Ist er brennbar oder giftig? Gasförmig oder flüssig? Heiss oder kalt? Grösse und Farbnuance der Tafeln sind streng reglementiert. Wenn sich zum Beispiel Risse darin befinden oder die Sonne  aus dem leuchtenden Orange Apricot gemacht hat, ist es Zeit für einen Wechsel. Kontrollen werden in der Schweiz rigoros durchgeführt.

110 Millionen Franken für das neue Terminal

Die Bahn sei nicht nur das praktischste, sondern auch ganz klar das nachhaltigste Transportmittel. «Deshalb haben wir auch schon vor 15 Jahren die Zusage für finanzielle Unterstützung bekommen vom Bund, um den Aufbau des Werks und die logistische Infrastruktur neu zu planen», so Nicolas Herold. Die Idee dahinter sei natürlich, die Bahn mit dem Werk langfristig zu verankern. Der Nachhaltigkeitsgedanke sei schon immer, nur damals eben weniger, im Vordergrund gestanden. 2026 soll es so weit sein: An der Südwestseite des Geländes entstehen vier neue Gleisanlagen mit einer Länge von jeweils 400 Metern. Über zwei neue Gleisanschlüsse gelangen die Züge direkt auf das Syngenta-Gelände oder zum multimodalen Terminal. Letzteres ist mit 250 Meter Gleisen, einem Portalkran für den Umschlag von Containern und einem Lagerplatz mit einer Kapazität für 750 TEU ausgestattet.

Die Bahnzufahrt zur Industrieanlage wird nicht mehr direkt durch Monthey führen, sondern dank der vier Transfergleise direkt in die Industriezone. Werk und Wagen sind bei Syngenta eins. Das war schon immer so und soll auch so bleiben.

An der Südwestseite des Syngentageländes entsteht ein multimodales Terminal.

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