«Lokführer-Akademie» soll gegen Fachkräftemangel helfen

SBB Cargo International hat im vergangenen Herbst in Deutschland die Ausbildungs- und Servicegesellschaft «Lokführer-Akademie» gegründet. Mit diesem Schritt soll dem allgemein herrschenden Lokführermangel entgegengetreten werden – längerfristig auch in der Schweiz.

Bereits seit 2008 bildet das Unternehmen in Deutschland Eisenbahner im Betriebsdienst aus und kann mit der neu gegründeten Gesellschaft «Lokführer-Akademie Railway Training & Service» auf diesen Erfahrungen ausbauen. Ihr Chef ist Matthias Birnbaum, der bisher alleiniger Geschäftsführer der SBB Cargo Deutschland GmbH war. Im Interview mit der «Allianz pro Schiene» erläutert er, wie in den nächsten Jahren an die 200 neue Lokführer ausgebildet werden sollen.

Harter Wettbewerb um Nachwuchskräfte
«Der Wettbewerb um den Nachwuchs ist sehr hart und das Jobangebot gross. Im Vergleich zum unregelmässigen Schichtdienst haben andere Branchen einfach bessere Konditionen bei der Arbeitszeit als die Güterbahn», beschreibt Birnbaum die schwierigen Rahmenbedingungen. In Deutschland wolle die SBB Cargo-Tochter beispielsweise ihren Bedarf zu 80 Prozent mit eigenen Lokführern zu decken, die anderen 20 Prozent – zum Beispiel für Schwankungsreserven oder für Fahrten, die ausserhalb der üblichen Relationen liegen – versuche man Personal am Arbeitsmarkt zu rekrutieren.

«Doch diese Zielvorstellung erreichen wir noch nicht, aktuell sind wir bei einem 50-50-Verhältnis», räumt Matthias Birnbaum ein. Trotz der eigenen Berufsausbildung sei es bisher noch nicht gelungen, den Personalbestand annähernd in Richtung 80 Prozent aufzustocken. Mit der Gründung der Lokführer-Akademie verfolge man nun einen neuen Ansatz. Sie habe zwei Geschäftsziele: Zum einen sollen darüber interessierte Menschen rekrutiert und bestmöglich zum Lokführer ausgebildet werden.

Pool von 150 bis 200 aktiven Lokführern
Auf mittlere Sicht soll so in fünf bis sieben Jahren ein Pool von 150 bis 200 aktiven richtig gut ausgebildeten Lokführern aufgebaut werden. Und dabei wird nicht nur in Deutschland nach geeignetem Personal gesucht, sondern ganz Europa in den Blick genommen. «Erste Erfahrungen haben wir in Spanien gesammelt, aktuell konzentrieren wir uns auf Italien», so Birnbaum. Dabei hat er auch weibliche Kandidatinnen im Visier.

Die Ausbildung an den beiden Standorten in Köln und Mannheim dauert rund ein Jahr. Während dieser Zeit erhalten die Auszubildenden auch eine Unterkunft gestellt. Alle Teilnehmer, die des Deutschen nicht mächtig sind, erhalten zunächst eine Sprachausbildung. Der Unterricht selbst umfasst einen theoretischen und einen praktischen Teil, in denen die allgemeinen sowie die Infrastruktur- und Fahrzeugkenntnisse vermittelt werden. Das Fahrzeugtraining findet ganz klassisch an der Drehstrom E-Lok statt.

Keine Angst vor selbstfahrenden Güterzügen
Die Akademie ist vorwiegend auf die Erwachsenenqualifizierung ausgerichtet, bildet aber auch Schulabsolventen aus. «Wir bieten den Teilnehmern eine Übernahmegarantie an, sie erhalten nahtlos einen sicheren Job», macht Birnbaum Interessierten die Qualifizierung schmackhaft.

Angst um ihre Zukunft müssten sie nicht haben. Selbst wenn eines Tages selbstfahrende Güterzüge Realität werden sollten: «Der Lokführer ist immer noch der einzige Mensch und Techniker an Bord. Da bin ich sogar froh, dass da vorne einer drauf ist, der Sachverstand hat und verlässlich handeln kann, sollte es eine Störung geben.»

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