Wo bleibt die neue Zukunftsvision für die Logistik?

Die offizielle Eröffnungsveranstaltung der transport logistic 2017 in Halle 6 fand heute Mittag unter dem Motto «E-mobility, E-commerce, E-next? Eine neue Zukunftsvision für die Logistik!» statt.

Stefan Rummel, Geschäftsführer der Messe München, freute sich in seinem Begrüssungsinterview über eine neue Rekordbeteiligung: 2162 Aussteller aus 62 Ländern präsentieren sich in dieser Woche auf der Weltleitmesse der Logistik – eine Steigerung um über fünf Prozent zum letzten Mal. Alle neun Messehallen sind komplett ausgebucht – die Fläche entspricht zusammen etwa 40 Fussballfeldern.
«Die Messe ist über alle Bereiche gewachsen, vor allem aber in den Bereichen Logistik-Dienstleister und IT», erklärt Dr. Michael Kerkloh, Vorsitzender des Fachbeirates der transport logistic und Flughafen-Chef in München, im Einführungsinterview. Industrie 4.0, Internet der Dinge und Digitalisierung seien Technologietreiber, die die Wettbewerbsposition von Unternehmen sicherten. Das gelte für Logistikdienstleister genauso wie für Verlader.

«Wer nicht digitalisiert, wird verlieren»

Offiziell eröffnet wurde die Messe vom deutschen Verkehrsminister Alexander Dobrindt, der auf die Chancen der Digitalisierung für die Branche hinwies: «Die gesamte Transport- und Logistikbranche befindet sich derzeit in einem Wandel, wie wir ihn nie zuvor erlebt haben». Obwohl politisch auch für die Schiene verantwortlich, kamen dem Verkehrsminister zur Güterbahn nur ein paar Worte zum Thema Akzeptanzsteigerung durch leisere Güterwagen über die Lippen.

«Wer nicht konsequent digitalisiert, wird verlieren», so Dobrindts eindringliche Mahnung. Allerdings führe die zunehmende Digitalisierung nicht zu weniger physischen Transporten, das Gegenteil sei der Fall. Wie der damit verbundene Kollaps auf den deutschen Fernstrassen durch eine stärkere Verlagerung von Gütern auf die Schiene verhindert werden kann, war dem Minister in seiner Eröffnungsrede allerdings keine Erwähnung wert.

Optimierungspotenzial bei Lastwagen

Es folgte eine von DVZ-Chefredakteur Harald Ehren moderierte Diskussion. Im Podium sassen mit Vertretern von Daimler, Panalpina, Flexport und Amazon zwar anerkannte Logistik-Experten, aber auf einen Vertreter des Schienengüterverkehrs warteten die Besucher der Messe-Eröffnung leider vergebens. Dennoch waren ein paar interessante Statements zum Thema der Veranstaltung zu vernehmen.

So wies Stefan Buchner, Mitglied des Bereichsvorstandes Daimler Trucks & Leiter Mercedes-Benz Lkw beim Stuttgarter Automobilhersteller Daimler, darauf hin, dass «es noch ein gewaltiges Optimierungspotenzial beim Lastwagen gibt». Denn die Fahrzeuge seien nur einen geringen Teil der Zeit auf der Strasse und dann noch nicht einmal voll beladen. Digitale Plattformen sollen hier künftig zur Effizienzsteigerung beitragen.

Ryan Petersen, Vorstandsvorsitzender des US-Logistik-Startups Flexport stellte seine Online-Plattform vor, das sogenannte Dashboard, auf dem die Kunden ihre gesamte Logistik verwalten können. Buchen, verwalten, Dokumentation – alles auf einem Bildschirm. «Wir bieten über ein ausgeprägtes Partnernetzwerk mit mehreren Tausend Anbietern diverse logistische Leistungen an – Seefracht, Luftfracht, Landverkehre, Lagerei. Und das Ganze weltweit», so der junge Firmenchef und eifrige Blogger.

Letzte Meile auch bei Amazon ein Thema

Von seinem grossen Vorbild Amazon, dem Petersen «gerade für kleine und mittelständische Logistikunternehmen disruptives Potenzial» bescheinigte, war Deutschland-Geschäftsführer Bernd Schwenger nach München gekommen. Er verriet dem erwartungsvollen Publikum einige der Zukunftspläne des E-Commerce-Giganten im Bereich der letzten Meile: «Wir sind im Moment dabei, nach dem Start von Amazon Fresh in Berlin vor wenigen Tagen in den nächsten Wochen und Monaten noch weitere Logistiklösungen auszurollen, sodass der Kunde einen noch stärkeren Einfluss auf den Anlieferzeitraum, das Anlieferfenster und den Anlieferort hat». Aus der Supply Chain müsse eine Demand Chain werden, bei der die Endkunden den Weg der Lieferkette bestimmen.

«E-next – die neue Zukunftsvision für die Logistik» – so das Motto der Veranstaltung – war allerdings von keinem der Podiumsteilnehmer zu hören. Was aber auch nicht so schlimm ist, denn mit Logistik 4.0 und der Digitalisierung von Abläufen und Produkten haben eigentlich alle Zuhörerinnen und Zuhörer in Halle 6 derzeit noch genug zu tun. Mindestens bis zur transport logistic 2019 in zwei Jahren.

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