Viel Platz für smarte Ideen

Der Basler Güterbahnhof Wolf soll ab 2024 zum smartesten Areal der Schweiz werden. Ein Hauch Zukunft weht hier schon heute durch die Lagerhallen: Im «Smart City Lab» werden Logistiklösungen für morgen entwickelt. Zwei Firmen sind bereits eingezogen.

Der alte Güterbahnhof hier, laut und staubig, mit seiner mehr als hundertjährigen Tradition, mit seinen riesigen Hallen, zweckmässigen Logistikbüros, seinem Terminal für den kombinierten Verkehr und all seinen Lastwagen im Freien – dieser unwirtliche Ort aus einer vergangenen Zeit, er soll zukunftsweisend werden, smart, gar zum Wohnen einladen. An der Umsetzung dieses visionären Mammutprojekts arbeitet man in Basel gerade mit Hochdruck. Der Güterumschlag Wolf – er befindet sich zwischen dem Stadion St. Jakob und der Autobahnhausfahrt Basel City – soll schon ab 2024 zum smartesten Areal der Schweiz werden.

Wie das konkret aussehen soll, gewinnt erst langsam an Form. Fest steht: Durch Digitalisierung sollen Infrastrukturen vernetzt und städtische Abläufe effizienter werden. Der Ressourcenverbrauch soll trotz steigender Bevölkerungszahl sinken, die Lebensqualität steigen. «Die ersten Schritte sind getan. Die SBB als Grundeigentümerin des Areals und der Kanton Basel-Stadt unterzeichneten im April 2018 eine Planungsvereinbarung für das Projekt», sagt Anja Riedle. Sie ist die Person, die aus der Vision Wirklichkeit werden lassen soll: Sie trägt die Verantwortung für das konzernweite SBB-Programm «Smart City».

Das Labor – für die Logistik der Zukunft

Anja Riedles Job ist nicht einfach. Doch auch den zweiten Schritt Richtung Smart City sind Riedle und ihr Team gemeinsam mit dem Kanton Basel-Stadt schon angegangen: Es wird eine Art Laboratorium auf dem Gelände eingerichtet, das sogenannte Smart City Lab. «Das ist eine Zwischennutzung, welche die städtebauliche Phase einleiten soll», erklärt Riedle. Hier können Unternehmen freistehende Flächen und Räumlichkeiten vorübergehend mieten. Sie sollen konkrete Lösungen für den Stadtteil der Zukunft – nicht nur in Basel, sondern schweizweit – entwickeln. «Unsere Vision ist, dass wir im Lab innovative Firmen zusammenbringen und dadurch unterschiedlichste Technologien für die spätere Smart City entstehen.»

Zwei Firmen – ein Technologie- und Logistikunternehmen sowie ein Velokurier – sind bereits eingezogen. Und rund sechzig Bewerbungsdossiers liegen auf Riedles Pult und warten auf ihre Prüfung. Spannend für das Smart City Lab sind etwa Ideen aus den Bereichen Infrastruktur, Elektromobilität, Urban Gardening oder Energie. Der Fantasie sind hier fast keine Grenzen gesetzt. «Im Moment stehen aber klar Mobilität und Logistik im Fokus», so die Projektleiterin.

Skepsis unter Logistikern

Trotzdem: Es herrscht in der Logistikbranche Skepsis gegenüber dem Entwicklungsprojekt Basel Wolf. Befürchtet wird, dass die Gewerbenutzung zurückgehen könnte. Kein Wunder: Von den 160 000 Quadratmetern Fläche bleibt weniger als die Hälfte für die Logistiknutzung reserviert.

Die Bedenken werden ernst genommen: Man setzt auf Partizipation, bezog von Beginn weg verschiedene Stakeholder und alte Mieter mit ein. Stefan Gerber, Berater Strategie und Projektleiter bei SBB Cargo, ist aber überzeugt: «Basel Wolf wird in Zukunft als Logistikstandort noch wichtiger werden. Das Smart City Lab fokussiert nämlich stark auf die Logistik und die künftigen Anforderungen an diese.» Dadurch, dass Konzepte im Bereich urbane Ver- und Entsorgung getestet würden, gewinne die Logistik an Know-how und profitiere von erhöhter Aufmerksamkeit. «Das Lab bietet durch die hervorragende bahn- und strassenseitige Anbindung ideale Voraussetzungen für die Tests. Es zeigt sich schon jetzt, dass dies von den Kunden sehr geschätzt wird.»

Kollegin Anja Riedle ergänzt: «Arealentwicklungen, bei denen ehemalige Gewerbeareale in eine Mischnutzung übergehen sollen, sind immer heikel. Aber eine Gewerbenutzung lässt sich ja heute auch effizienter ansiedeln.» Ausserdem sei das Wolf-Areal bahnbetrieblich unternutzt gewesen. Sie verweist auch darauf, dass die Logistiknutzung teilweise umquartiert werde: «Es entsteht ein neues Logistikareal, das Gateway Basel Nord beim Rheinhafen. Dorthin wird der internationale Containerverkehr verlagert werden.»

Fakt sei, so sind sich Riedle und Gerber einig, dass die Kunden von SBB Cargo langfristig von neuen, noch effizienteren Verfahren profitierten, um Waren in den grossen Schweizer Ballungszentren zu transportieren – man nennt dies «City-Logistik».

Und nun? In einem nächsten Schritt sollen die städtische Feinverteilung mit der Anlieferung per Bahn verknüpft und neue Umschlagstechnologien getestet werden. Dabei wird es besonders wichtig sein, Logistiker mit Technologieunternehmen zusammenzubringen.
«Genau hier liegt der grosse Vorteil des Smart City Lab», meint Gerber euphorisch. «Verschiedene Firmen entwickeln und testen gemeinsam neue Ideen. Solche Konzepte bilden das Fundament, um in Zukunft trotz überbeanspruchter Infrastrukturen effizientere Logistikprozesse zu realisieren. Denn: Nur gemeinsam können die grossen Herausforderungen der Zukunft gemeistert werden.»

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