SBB Cargo, ÖBB Rail Cargo Group, PJM und Mercitalia Rail setzen Zusammenarbeit fort

Die vier Partner haben Anfang Juni auf der transport logistic München 2019 die weitere Zusammenarbeit zur Erarbeitung und Einführung einer teilautomatisierten Zugvorbereitung bekräftigt. Mit dieser Systemlösung kann die automatische Bremsprobe in die teilautomatisierte Zugvorbereitung integriert werden. Mit dem gemeinsamen Projekt wollen die Partner die Grundlagen für einen Standard in der In-Train-Kommunikation schaffen.

Zwei Jahre nach dem Start ist die durch Mercitalia Rail (Polo Mercitalia – Gruppo FS Italiane) ergänzte Kooperation von SBB Cargo und der ÖBB Rail Cargo Group sehr gut unterwegs. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen haben gemeinsam mit PJM an der Umsetzung der Bremsprobe und der Systemintegration gearbeitet. SBB Cargo hat nach zahlreichen Fahrten mit einem Testzug 2017 bisher 100 Wagen im Kombinierten Binnen-Verkehr mit dem Bremsprobensystem ausgerüstet. Die funktionalen Tests der automatischen Bremsprobe starten nun im Sommer 2019. Diese Tests sind Teil des länderspezifischen Zulassungs- bzw. Anerkennungsprozesses. Mit den Arbeiten haben die Projektbeteiligten den Grundstein für die Architektur (Hardware, Elektronik, Software) sicherheitsrelevanter Anwendungen im Zugverband und auf den Fahrzeugen gelegt.

Die funktionalen Tests der automatischen Bremsprobe starten im Sommer 2019.

SBB Cargo rechnet mit einer Zulassung des Systems Mitte 2020. Die automatische Bremsprobe ist mit der automatischen Kupplung und dem Kollisionswarnsystem auf der Lok Teil des sogenannten Ein-Personen-Betriebs bei SBB Cargo. «Der Ein-Personen-Betrieb erhöht unsere Effizienz deutlich, was den Kunden zugutekommt. Die Güterbahn steigert somit ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber der Strasse. Wir nutzen die Automatisierung auch, um anstehende Pensionierungen und den fehlenden Nachwuchs zu kompensieren», führt Nicolas Perrin, CEO von SBB Cargo, aus.

PJM hat die automatisierte Bremsprobe, die Teil der betrieblichen Zugvorbereitung ist, konzipiert und realisiert. Die automatische Bremsprobe digitalisiert die Bremszustände der Güterzugswagen im Zugverband und zeigt diese auf einem mobilen Gerät (z. B. Tablet) an. Die Mitarbeitenden prüfen die Bremszustände auf dem mobilen Gerät. Dabei stand nicht nur der Zeitgewinn im Fokus, sondern auch der Sicherheitsaspekt. Mit einem automatisierten System sollte auch das bereits bestehende hohe Niveau an Sicherheit bei der Zugvorbereitung nochmals angehoben werden.

Mit einem automatisierten System soll das hohe Niveau an Sicherheit bei der Zugvorbereitung nochmals angehoben werden.

Verknüpfung von Monitoring und Automation

Die digitale Welt eröffnet viele Möglichkeiten und verschafft vor allem Transporteuren enorme Vorteile. PJM hat die notwendige Verknüpfung zwischen Gütertransporten im Schienenverkehr und der Digitalisierung schon vor langer Zeit erkannt und ist mit dem patentierten Monitoring-System «WaggonTracker» Pionier in der Digitalisierung des Schienengüterverkehrs. WaggonTracker kombiniert Monitoring und Automation und bietet damit ein robustes Gesamtsystem, das dem Flottenbetreiber enorme Effizienz und Kosten-Einsparungen verschafft: Man erhält wichtige Informationen in Echtzeit über die Fahrzeugflotte und aufwändige Prozesse werden automatisiert. «Das WaggonTracker-System wurde mit einer entsprechenden Sicherheitselektronik kombiniert, um die Zustände der Bremsen zuverlässig zu erfassen. Die Ergebnisse werden auf dem Standard-Tablet des Lokführers visualisiert», fassen die beiden CEOs Martin Joch und Günter Petschnig die Systematik kurz zusammen. Die automatische Bremsprobe erfüllt hinsichtlich des Betriebs und des Fahrzeugs sämtliche sicherheitsrelevanten Vorgaben.

Gesamtkonzept durch Fachexpertise

Schlüsselerfolgsfaktor bisher war die enge Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Eisenbahnverkehrsunternehmen: Alle haben Mehrwert eingebracht und so neue Synergien geschaffen. Von Herstellerseite konnte die Partnerschaft auf Fachwissen in Bezug auf Elektronik- und Softwareentwicklung zählen, die Eisenbahnverkehrsunternehmen ergänzten mit Know-how zu den Betriebsprozessen und zum Gesamtsystem Bahn. In Bezug auf das Sicherheitskonzept ziehen die Partner am gleichen Strang: Es gilt die europäische Norm EN 50126 für die System­entwicklung für alle Bahnanwendungsbereiche. Auf diese Weise wird ein Referenzsystem entstehen, das auf weitere Eisenbahnverkehrsunternehmen übertragen werden kann. Die Partner standen vor besonderen Schwierigkeiten bei der Entwicklung, da sie nicht auf ein bestehendes System referenzieren konnten. Da bei der automatischen Bremsprobe ein expliziter Sicherheitsnachweis nach Common Safety Methods (CSM) erforderlich ist, müssen PJM und SBB Cargo für alle notwendigen Systembestandteile Sicherheitsnachweise erarbeiten. SBB Cargo übergibt mit dem System einen Teil der Sicherheitsverantwortung vom Mitarbeitenden an die Technologie, die damit die Standards der funktionalen Sicherheit erfüllen muss.

Investition in den intelligenten Güterzug

Aktuell werden im Güterverkehr Bremsproben manuell durchgeführt. So müssen die Bremsen bei jedem neu formierten Zug vor der Abfahrt von einem Mitarbeiter manuell an jedem Wagen auf ihre Funktionalität überprüft werden. Diese Bremsprobe wird zukünftig automatisch erfolgen. Damit steigert das Eisenbahnverkehrsunternehmen seine Zuverlässigkeit und die Sicherheit der Mitarbeitenden im Rangierbetrieb und bei der Zugvorbereitung.Die Bremsproben heute.

Mit der länderübergreifenden Entwicklung von Produkten im Schienengüterverkehr können die erarbeiteten Systemlösungen über die Ländergrenzen hinweg getestet werden – in der Schweiz, Österreich und Italien. Die europaweit behördliche Anerkennung wird so beschleunigt. Dieses Projekt ist ein Meilenstein für die technologische Entwicklung im Schienengüterverkehr. So wird nicht nur die Interoperabilität garantiert, sondern es werden auch offene Standards für den europäischen Warenverkehr erprobt.

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