Freie Fahrt für Güter auf der Nord-Süd-Achse ab Ende 2020

Der Ceneri-Basistunnel sowie der 4-Meter-Korridor von Basel nach Chiasso und Luino werden fahrplanmässig Ende 2020 in Betrieb genommen. In Zukunft profitiert der Güterverkehr von mehr Verlagerungspotenzial auf der Nord-Süd-Achse. Einen Beitrag zur Verlagerung leistet auch Gateway Basel Nord.

Für SBB Cargo und alle anderen Güterbahnen beginnt mit der vollendeten Neuen Eisenbahn-Alpentransversalen (NEAT) am 13. Dezember 2020 nach 28 Jahren eine neue Zeitrechnung mit mehr Kapazität sowie schnelleren und zuverlässigeren Verbindungen. Bis sechs 750 Meter lange und bis 2100 Tonnen schwere Güterzüge in Fahrrichtung Nord-Süd respektive bis 2000 Tonnen in Fahrrichtung Süd-Nord pro Stunde und Richtung sollen dereinst abhängig von der Nachfrage den Gotthard-Basistunnel passieren. Aufgrund der aktuell noch bestehenden Einschränkungen im Gotthard-Basistunnel stehen dem Güterverkehr ab dem 13. Dezember 2020 bis Ende 2022 vorerst alternierend vier bis fünf Trassen pro Stunde und Richtung zur Verfügung, wobei jeweils zwei bis drei Trassen via Chiasso und jeweils zwei Trassen via Luino nach Italien führen. Dann wird die tägliche Kapazität auf mehr als 3000 Sattelauflieger erhöht. Mit jedem per Bahn transportierten Sattelauflieger werden 0,3 Tonnen CO2 oder 60 000 mit CO2 gefüllten Luftballons eingespart. Bei voller Auslastung der Kapazitäten lassen sich täglich 890 Tonnen CO2 einsparen.

Corona bedingte Verzögerungen bei den Bauarbeiten am Bahnhof Chiasso und in Italien, sowie geänderte Bewilligungsverfahren in Italien führen dazu, dass das integrale Führen von 750 Meter langen Güterzügen via Luino ab Ende 2022 und via Chiasso erst Ende 2023 möglich ist. Bis dahin können je nach Baufortschritt bereits einzelne 750 Meter lange Züge verkehren. «Trotz dieser Einschränkungen gehen wir bei SBB Cargo davon aus, dass wir die erwarteten Kundennachfragen in der nötigen Qualität befriedigen können», ist Markus Streckeisen, Leiter Vertrieb SBB Cargo überzeugt.

Ökologischer von Rotterdam nach Genua

Der Güterverkehr kann ab 2021 auf der europäischen Achse Rotterdam – Genua dank abgestimmter internationaler Trassenplanung, harmonisierter Baustellen und optimierter Grenzaufenthaltszeiten von einem Zeitgewinn von zwei Stunden profitieren. «Der Güterverkehrskunde in Europa profitiert in Zukunft von effizienten, staufreien und umweltfreundlichen Lösungen», so lautet das Fazit von Sven Flore, Leiter SBB Cargo International im Hinblick auf die Fertigstellung der NEAT. Einziger Wermutstropfen aus Schweizer Sicht: Die Zulaufstrecken im Norden werden erst 2041 vollendet sein, also viel später als ursprünglich mit Deutschland vereinbart worden ist. Italien hingegen ist beim Ausbau des Güterverkehrs per Ende 2023 auf Kurs; abgesehen von kurzzeitigen Einschränkungen durch die Totalsperre der Luino-Linie im April 2021, wo Rete Ferroviaria Italiana (RFI) bei Pino die Linie zur Doppelspur ausbauen wird. In dieser Zeit wird der Schienengüterverkehr über Chiasso sowie den Lötschberg-Simplon nach Italien umgeleitet.

Leistungsfähiges Terminal an der Nord-Süd-Achse stärkt die Verlagerung

900 000 Lastwagen durchquerten letztes Jahr die Schweizer Alpen auf der Strasse. Dies entspricht immer noch rund 250 000 Lastwagenfahrten mehr, als der Bund mit dem Verlagerungsziel und der Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels 2016 vorgegeben hatte, so hat dies das Bundesamt für Verkehr Mitte Mai 2020 berechnet.

Mit der Fertigstellung des Bözberg- und Paradisotunnels wird Ende dieses Jahres fahrplanmässig die NEAT zusammen mit dem 4-Meter-Korridor von Basel nach Chiasso und Luino Realität. 28 Jahre nach dem Volksentscheid ist damit die zweite Nord-Süd-Achse mit dem Gotthard- und Ceneri-Basistunnel nebst der Lötschberg-Simplon-Achse durch die Alpen sichergestellt und damit die Bahn frei, das Verlagerungsziel des Bundes und der Schweizer Bevölkerung umzusetzen. Nationale und internationale Logistikketten müssen im europäischen Kontext betrachtet werden. Dabei wird ersichtlich, dass die Schweiz die nötige Infrastruktur braucht, um 750 Meter lange Züge auch effizient verarbeiten zu können. Die Lösung für die Verlagerung des transalpinen Verkehrs könnte am Eingangstor der NEAT in Basel liegen.

Das trimodale Terminal Gateway Basel Nord an der Schnittstelle von Rhein, Strasse und Schiene könnte diese Güterverkehrsdrehscheibe mit direktem Umschlag vom Schiff auf die Bahn in wenigen Jahren wahrnehmen. Mit einer effizienten Bündelung der Import-/Export-Verkehre liessen sich so pro Jahr über 100 000 Lastwagenfahrten und damit weitere 10 000 Tonnen CO2 in der Schweiz einsparen. Bestätigt wird dieses Verlagerungs- und Umweltpotenzial durch ein unabhängiges Gutachten von Rapp Trans. Über den Ausbau des Hafenbeckens 3 entscheidet diesen Herbst die Basler Bevölkerung. Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung arbeitet die Projektgruppe Gateway Basel Nord weiter an der Umsetzung des bimodalen Terminals für eine effiziente Verlagerung auf die Schiene. Damit der Güterverkehr auf der Schiene ab Ende 2022 freie Fahrt von der Nordsee zum Mittelmeer hat.

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