Was macht SBB Cargo heute bereits für den Klimaschutz?

Désirée Baer, CEO SBB Cargo, und Josef Dittli, Ständerat und Präsident VAP, im Gespräch über die Zukunft des Schweizer Schienengüterverkehrs. Im Teil 1 des Interviews stehen die Verlagerung und die Senkung des CO2-Ausstosses im Fokus. Im Teil 2, der Anfang Juni erscheint, geht es um die Automation.

Josef Dittli, Ständerat und Präsident VAP, hat mit einer Motion den Bund aufgefordert, dem Parlament einen Massnahmenplan vorzulegen, wie der Bahngüterverkehr und multimodale Logistiklösungen stärker zur Senkung des CO2-Ausstosses im Güterverkehr beitragen können. Die Motion wurde ohne eine Gegenstimme angenommen.

Frau Baer, was macht SBB Cargo heute bereits für den Klimaschutz?

DB: SBB Cargo kann und will auf zwei Arten zum Klimaschutz beitragen. SBB Cargo bezieht heute Strom, der zu 90 Prozent aus erneuerbaren Energien (Wasserkraft) produziert wird. Und wir setzen uns zum Ziel, so rasch wie möglich ein klimaneutrales Unternehmen zu werden. Um das zu schaffen, müssen wir kurz- und mittelfristig auch unsere Dieselloks, die noch verbreitet auf der letzten Meile zum Einsatz kommen, durch Hybrid- und E-Loks ersetzen. Auch das kostet Geld, das wir zuerst verdienen müssen, um es investieren zu können. Auf der anderen Seite stellen wir der Schweizer Wirtschaft ein System zur Verlagerung zur Verfügung, das hilft, den CO2-Ausstoss des Gütertransportes zu senken. Wenn Güter auf der Schiene transportiert werden, braucht dies 7x weniger Energie und stösst 11x weniger Klimagase aus. Und dazu brauchen wir auf der Schiene 7x weniger Fläche.

JD: Deshalb muss SBB Cargo nach betriebswirtschaftlichen Prinzipien funktionieren und Rückstellungen für Investitionen ansparen können. Wenn dies nur über hohe Preise geschieht, dann bleibt die Schiene gegenüber der Strasse im Nachteil. Drum sage ich nochmals, dass ich mir über die Motionen mehr Engagement vom Bund wünsche, um dem Schienengüterverkehr die so dringend notwendigen technischen Fortschritte zu ermöglichen. Als Konsequenz hätten wir mehr Effizienz auf der Schiene und dadurch sinkende Kosten. Die Einsparungen kann man teils an die Kunden weitergeben, anderseits für Investitionen nutzen. Eine positive Spirale im Sinne der so notwendigen Verlagerung auf die Schiene.

Müsste der Bund zur Erreichung der Klimaziele zusätzlich nicht auch die Verursacher des Klimawandels stärker in die Pflicht nehmen?

JD: Das geschieht ja bereits über das beschlossene CO2-Gesetz. Gleichwohl lehne ich als liberaler Politiker einen Systemwandel über Subventionen ab. Die Verkehrsverlagerung auf die Schiene soll nicht mittels einer gesetzlich verordneten Umverteilung stattfinden, sondern über Anreizsysteme und den technischen Fortschritt.

Bezüglich Verlagerung herrscht das grösste Potenzial wohl im Binnenverkehr?

DB: Das stimmt. Im Transitgüterverkehr wird schon heute rund 80 Prozent des Volumens über die Schiene abgewickelt, worauf wir schon stolz sein dürfen. Im Binnenverkehr ist es genau umgekehrt, da ist die Schiene bei einem Marktanteil von knapp 20 Prozent. Das hat einerseits mit der Wettbewerbsfähigkeit zu tun. Je kürzer die Distanzen, desto unattraktiver sind wir preislich gegenüber der Strasse. Aber sicher haben auch die Verlagerungsanreize, die im Transitverkehr etabliert wurden, ihren Anteil am hohen Modalsplit.

JD: Auch diese Aussage untermauert genau die Notwendigkeit der technischen Aufrüstung. Denn je kosteneffizienter SBB Cargo zum Beispiel auch die Ost-West-Achse innerhalb der Schweiz bedienen kann, desto mehr Kunden wechseln und desto schneller wird die zurzeit komplett überstrapazierte Strasse zugunsten der Umwelt entlastet.

Sie fordern in Ihrer Motion auch sinnvolle und energieeffiziente multimodale Lösungen. Sprechen Sie damit auf den ökologischen Fortschritt bei den Strassentransporteuren an?

JD: Ja, auch dort ist einiges gegangen mit der Aufrüstung von Flottenparks mit Elektro- oder wasserstoffbetriebenen Lastwagen. Die Schaffung von koordinierten Logistiklösungen mit Hauptanteil auf der Schiene sowie kurzen Vor- und Nachläufen auf der Strasse könnte die Energieeffizienz der Güterbranche insgesamt nachhaltig steigern. Auch dafür braucht es Konzepte, die alle Partner gemeinsam ausarbeiten sollten. Mir schwebt etwa die Entwicklung von schlagkräftigen multimodalen Logistikdrehscheiben, wo Güter effizient den Verkehrsträger wechseln können, vor.

DB: Dem pflichte ich bei. Ein «Hand-in-Hand» zwischen Schiene und Strasse war immer unser Ziel, zumal wir ja in den Reihen der SBB-Cargo-Aktionäre diverse Camion-Transporteure haben. Wir sind aufeinander angewiesen. Die Fortschritte von nachhaltigeren LKW-Antriebstechnologien beobachten wir auch und sind uns bewusst, dass die Schiene in Sachen Ökologie damit ein Stück ihres Wettbewerbsvorteils einbüsst. Der Vorteil der Flächeneffizienz bleibt jedoch. Müsste der gesamte Güterverkehr auf der Strasse abgewickelt werden, wären die volkswirtschaftlichen Staukosten nochmals höher. Umso mehr müsste es doch im öffentlichen Interesse sein, dass unsere Position mit Hilfe dieser beiden Motionen gestärkt wird.

Weshalb?

DB: Zur Entlastung der Strasse. Würden wir aus rein betriebswirtschaftlichem Eigeninteresse auf nicht rentable Strecken verzichten, kämen von heute auf morgen zusätzliche ca. 600’000 LKW-Fahrten pro Jahr auf die Strasse. Das Chaos kann man sich vorstellen.

Wünschten Sie sich deshalb auch eine bevorzugtere Behandlung gegenüber dem Personenverkehr bei der Trassenverteilung?

DB: Dass der Personenfernverkehr die höchste Priorität hat bei der Trassenzuteilung, ist für uns völlig logisch und nachvollziehbar. Dass wir bis heute aber auch hinter dem Regionalverkehr anstehen müssen, verstehe ich weniger. Da würde ich mir von der Politik schon etwas mehr Zuspruch wünschen, weil unsere Wettbewerbsfähigkeit auch in diesem Punkt geschwächt wird. Wir können dem Kunden keine raschen Transportzeiten bieten und verkehren im Stop-and-Go-Modus. Damit erhöhen sich die Trassenpreise durch höheren Verschleiss und höhere Energiekosten für uns und die Qualität für die Kunden leidet.

JD: Auch dies ist ein wichtiger Punkt, für den sich der VAP seit Jahren einsetzt. Aber natürlich braucht es hier Fingerspitzengefühl. Denn es ist ein Fakt, dass in den nächsten 20 bis 30 Jahren sowohl der Personen- wie auch der Güterverkehr laufend zunehmen werden. Wir sollten alles daransetzen, diesen Neuverkehr in beiden Sparten vornehmlich auf die Schiene zu bringen.

Anfang Juni folgt der zweite Teil des Interviews zum Thema Automation.

Foto: Daniel Winkler

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