Für die Kunden das Optimum herausholen

Vor 20 Jahren wurde SBB Cargo als Aktiengesellschaft gegründet – Zeit für Rückblick und Ausblick. CEO Désirée Baer lädt zwei Mitarbeitende zum Gespräch ein: Nathanael Wyser und Dominik Buser erzählen von den Freuden und Leiden ihres Alltags. Für die Zukunft wünschen sie sich neue Loks und mehr Austausch.

Was ist eure Aufgabe bei SBB Cargo?

Dominik Buser
Dominik Buser, Leiter Mobile Equipe Lok

DBu: Als Leiter der Werkstatt für den Lokunterhalt im Rangierbahnhof Muttenz habe ich neun Mitarbeitende und einen Lehrling. Wir arbeiten von 5 Uhr in der Früh bis um 15.20 Uhr und machen die leichte Instandhaltung der Loks. Des Weiteren bin ich als Standortingenieur für den technischen Zustand der Fahrzeuge verantwortlich.

NW: Als Mitarbeiter der regionalen Cargo Produktion in Schwerzenbach stelle ich die Güterwagen, die wir aus dem Rangierbahnhof Dietikon erhalten, den Kundinnen und Kunden zu. Ich mache dies meist allein: Ich hänge die Streckenlok in Schwerzenbach oder Hinwil ab und fahre die Wagen mit meiner Rangierlok ins Anschlussgleis. Ich bin schon seit den Anfängen bei SBB Cargo und habe vor Kurzem mein 20-Jahre-Jubiläum gefeiert.

Désirée, du hast kürzlich bei SBB Cargo dein 1-Jahr-Jubiläum gefeiert. Wie siehst du deine Aufgabe: als oberste Entscheiderin, als Saniererin oder als Motivatorin?

DB: Entscheiden muss ich sicher in meiner Position. Die Mitarbeitenden zu motivieren, ist ebenfalls wichtig. Im Augenblick ist dies aber nicht ganz einfach, weil man sich wegen der Pandemieschutzmassnahmen viel weniger sieht und weil es finanziell kein einfaches Jahr ist. Als Saniererin dagegen sehe ich mich nicht. Ich betrachte mich eher als Impulsgeberin einer nachhaltigen SBB Cargo am Puls der Schweizer Wirtschaft.

Vor 20 Jahren wurde SBB Cargo als Aktiengesellschaft gegründet. Welche Aktivitäten sind zur Feier des Jubiläums geplant?

Désirée Baer, CEO SBB Cargo

DB: Wir möchten Feste für die Mitarbeitenden durchführen. Leider müssen wir das aufgrund der aktuellen Lage auf das nächste Jahr verschieben. Zudem werden wir zwei Loks speziell mit dem Jubiläumssignet beschriften, die dann in der ganzen Schweiz unterwegs sind.

Was bedeutet euch das Jubiläum?

DBu: Ich finde den Rückblick wichtig. Man sollte nicht vergessen, was geleistet wurde und was einmal war. Welche Ziele hatte man bei der Gründung von SBB Cargo als Aktiengesellschaft vor 20 Jahren? Wurden diese Ziele erreicht, und welche Vision haben wir heute? Wenn zum Jubiläum zwei Loks speziell beschriftet werden, gefällt uns «Lökelern» das zweifelsohne. Und ja, ans Fest werde ich sicher gehen.

NW: Einerseits freue ich mich. Anderseits finde ich, dass wir seit 20 Jahren immer wieder auf die gleichen Rezepte zurückgreifen. So gab es sehr viele Veränderungen bei unseren ORS-Standorten (operative Rangiersteuerung). Den Teams der regionalen Cargo Produktion wurden jeweils neue Ansprechpartner zugewiesen. Unser Ansprechpartner befindet sich jetzt in Niederglatt. Diese Wechsel sorgen jeweils bei uns, aber auch bei den Kundinnen und Kunden für Unruhe.

Und wie stehst du zum Jubiläum, Désirée?

DB: Voraussetzung für die Gründung einer Aktiengesellschaft war die Liberalisierung des Güterverkehrs in der Schweiz im Jahr 1999. Güter transportiert die SBB aber schon sehr viel länger, seit rund 100 Jahren. Wir können also auf eine lange Tradition zurückblicken.

DBu: Ich möchte nochmals auf den Rückblick zurückkommen: Die Neat mit Gotthard- und Ceneri-Basistunnel haben wir ja für den Güterverkehr gebaut. Heute werden die Tunnel aber in erster Linie als Personenverkehrstunnel wahrgenommen. Das finde ich schade.

Die Pünktlichkeit der Züge ist SBB Cargo sehr wichtig. Was könnt ihr dafür tun, um sie zu beeinflussen?

Nathanael Wyser
Nathanael Wyser, Mitarbeiter regionale Cargo Produktion

NW: Indem ich meine tägliche Arbeit speditiv erledige. Auch muss ich ausgeruht sein und darf keine Fehler machen: Eine Entgleisung zum Beispiel führt zu grossen Verzögerungen.

DBu: Ich kann die Pünktlichkeit am stärksten beeinflussen, indem ich eine möglichst verlässliche Prognose erstelle: Bis wann ist eine Lok wieder einsatzbereit? Wenn ich meine Prognose nicht einhalten kann, fährt ein ganzer Zug nicht. Deshalb ist in diesem Bereich genaues Arbeiten sehr wichtig. Wir haben eine rollende Planung. Wenn nötig, arbeiten wir auch mal eine halbe Stunde länger, um eine Reparatur an einer Lok fertigzustellen.

Wo steht SBB Cargo bei der Pünktlichkeit?

DB: Letztes Jahr rollten unsere Transporte sehr pünktlich. Dieses Jahr etwas weniger, deshalb richteten wir kürzlich während einer Woche den Fokus speziell auf die Pünktlichkeit. Für gut 50 Prozent der Pünktlichkeit sind wir selbst verantwortlich. Hier müssen wir alles daransetzen, besser zu werden. Auf Ereignisse wie grossen Schneefall oder heruntergerissene Fahrleitungen haben wir keinen Einfluss. Die Kundinnen und Kunden möchten bei Störungen in jedem Fall rasch und offen informiert werden. Auch hier müssen wir uns noch verbessern.

Sicherheit hat für SBB Cargo ebenfalls hohe Priorität. Wie prägen die entsprechenden Vorschriften euren Alltag?

NW: Wenn ich um 1 Uhr aufstehen muss für meine Nachtschicht, ist es manchmal schwierig, genügend Schlaf zu bekommen. Auch wenn ich um 20 Uhr – gleichzeitig mit meinen Kindern – ins Bett gehe, reicht dies noch nicht aus.

DBu: Sicherheitsthemen beschäftigen uns in vielfältigster Weise: Zuoberst steht das internationale Regelwerk ECM, das unsere Rolle als Instandhalter einer Lok definiert und eine Rückverfolgbarkeit einzelner Lokteile ermöglicht. Auch müssen wir in unserer Werkstatt Störungen am Zugsicherungssystem einer Lok beheben, das die Fahrt der Züge in Abhängigkeit von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kontrolliert. Nicht zuletzt tragen unsere Mitarbeitenden Schutzausrüstung und müssen sich im Umgang mit gefährlichen Stoffen auskennen.

Wenn ihr einen Wunsch frei hättet für SBB Cargo: Was wünscht ihr dem Unternehmen für die nächsten 20 Jahre?

DBu: Ich wünsche mir, dass wir als Güterbahn von der SBB nicht stiefmütterlich behandelt werden. Und dass wir als Mitarbeitende den Elan behalten, als SBB Cargo weiterzukommen. Zudem finde ich, dass unsere ältesten Loks, die «BoBos» (Re 420) und die Re 620, ziemlich in die Jahre gekommen sind. Repariert man an einer Stelle etwas, geht anderswo etwas kaputt. Es wäre deshalb an der Zeit, über die Anschaffung neuer Streckenloks nachzudenken.

NW: Ich wünsche mir, dass wir als Mitarbeitende wieder stärker eine Familie werden. Heute sind wir ja oft allein unterwegs, früher waren wir mehr zu zweit. Deshalb ist der Austausch sehr wichtig. Zudem fielen wegen der Pandemie auch die Teamanlässe aus.

DB: Aus finanziellen Gründen können wir es uns nicht leisten, zwei Leute auf den Güterzügen zu haben, wenn es auch allein geht. Aber der Austausch und die Teamanlässe sind sehr wichtig, dem stimme ich zu. Erste Diskussionen zu neuen Streckenloks haben wir bereits geführt. Da es bis zu vier Jahren dauern kann, um neue Loks zu beschaffen, müssen wir das Thema frühzeitig aufgreifen. Ich selbst wünsche mir für die Zukunft eine gesunde finanzielle Basis des Unternehmens. Und dass wir auf dieser Grundlage unseren Kundinnen und Kunden nachhaltige und innovative Produkte anbieten können!

Fotos: Daniel Winkler und Severin Nowacki

 

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