Akrobatische Logistik, Teil 3 – Wenig Schlaf für den Verlademeister

Wechselt der Zirkus Knie seinen Spielort, fahren die ersten Zirkuswagen abends um halb neun auf die bereitstehenden Bahnwagen. Unbemerkt von den Zuschauern: Sie geniessen die Darbietungen und verlassen erst gegen halb elf das Zirkuszelt. Standortwechsel bedeuten für den Verlademeister wenig Schlaf.

 

Eine Reportage in 3 Teilen.

Jetzt sind die Eisenbahner wieder an der Reihe. Rangierspezialist Kurt Kissling hängt den Rampenwagen ab. Fahrbefehle werden über Funk erteilt. Beat Aeschlimann stellt sicher, dass keiner der mitgefahrenen Artisten und Zirkusleute aussteigt. Warten, bis das Zwergsignal auf Fahrt schaltet. Der Zug setzt sich in Bewegung, wird schneller. Er hält in der Ferne. Dann schiebt die Rangierlok die Flachwagen in ein Abstellgleis, verschwindet hinter Industriebauten.

Rangierspezialist Kurt Kissling kommt mit dem um sechs Flachwagen gekürzten Zug

Verlademeister Markus Schütz hat einen Moment Pause. Seit über 15 Jahren macht er diesen Job. «Wir sind heute Morgen um halb vier ins Bett gekommen», sagt der 60-Jährige. Keine zwei Stunden später, um kurz nach fünf, ist er beim Güterbahnhof Ostermundigen eingetroffen. Die ersten Wohnwagen sind gestern Abend um halb neun auf die Flachwagen gerollt, obschon die Vorstellung in Solothurn bis halb elf gedauert hat. Erst als der letzte Zirkuswagen verladen und der letzte Keil fixiert waren, haben Schütz und seine Männer mit dem Auto nach Bern fahren können.

Der um sechs Flachwagen gekürzte Zug kommt wieder, rollt auf den Rampenwagen zu, verlangsamt das Tempo. Die Puffer treffen aufeinander, sachte, gefühlvoll. Kissling wuchtet die Anhängekupplung über den Haken des Rampenwagens. Schon heulen die Traktormotoren wieder auf. Der erste Traktor rollt schnurgerade rückwärts.

Gegen zehn Uhr kehrt Ruhe ein beim Güterbahnhof Ostermundigen. Kissling, Aeschlimann und Schütz treffen sich spätestens in zwei Wochen wieder. Dann verladen sie den Zirkus. Der nächste Spielort heisst Genf.

Bisher erschienen:
Akrobatische Logistik, Teil 1 – Wo sind die Entlader?
Akrobatische Logistik, Teil 2 – Über 100 Artisten an Bord

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