Für grosse Mengen und lange Distanzen ist der Bahntransport ideal. Dies zeigt sich auch bei den Aluminiumtransporten für das Walliser Walzwerk von Novelis, einem führenden Aluminiumlieferanten.
«In unserem Walzwerk in Siders werden heute pro Jahr über 200 000 Tonnen Aluminium verarbeitet», sagt Daniel Brenner, Leiter Logistik von Novelis in Siders, auf einem Rundgang. «Rund 80 Prozent dieser Menge werden per Bahn als Rohmaterial angeliefert. Die gleiche Menge wird nach der Verarbeitung als aufgerollte Bänder (Coils) abtransportiert. Insgesamt wird jeden Tag Aluminium auf 16 bis 20 Güterwaggons transportiert.»
Seit Anfang 2014 führt SBB Cargo diese Schienentransporte für Novelis durch. Im Sommer 2020 konnte der Vertrag um eineinhalb Jahre verlängert werden, das heisst bis Ende 2021. Dazu sagt Manuel Rizzo, Kundenbetreuer von SBB Cargo: «Einerseits geht es um fünf Ganzzüge pro Woche, die von Siders nach Göttingen (Deutschland) und wieder zurück geführt werden, also zehn Fahrten pro Woche. Anderseits mietet Novelis von SBB Cargo 120 Güterwaggons, weil die Zahl der Novelis-eigenen Waggons nicht ausreicht.» Bei den Güterwaggons handelt es sich um eine Sonderbauform, den Typ Shimmns. Diese Drehgestell-Flachwagen verfügen über ein verschiebbares Dach sowie fünf Lademulden, welche die Coils aufnehmen.
SBB Cargo bietet die Flexibilität, die Novelis benötigt.
Manuel Rizzo, Kundenbetreuer Novelis, SBB Cargo
Den Schienenanteil beim Materialtransport zu steigern, ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie von Novelis. Sowohl Kunden als auch Lieferanten sollen gezielt ans Schienennetz angebunden werden. Von 2010 bis 2020 hat Novelis in Europa die per Bahn transportierte Menge denn auch mehr als verdreifacht. Auch im Werk Siders sind die Schienentransporte stark angestiegen. Grund dafür war der Bau eines weiteren Vorwärmofens. Dadurch konnte das Walzwerk seinen Ausstoss verdoppeln. Dementsprechend erhöhten sich die angelieferten und die abtransportieren Aluminiummengen.
Herstellung von Aluminiumbändern
Nach Siders gebracht wird das Aluminium in Form von Barren. Dies sind rund 10 Tonnen schwere Aluminiumblöcke von etwa 4–5 Metern Länge, 1,5–2,0 Metern Breite und etwa 0,5 Metern Dicke. Vier Stück davon finden auf einem Güterwaggon Platz. Im Novelis-Werk werden die Aluminiumbarren zunächst überfräst. So erhalten sie eine zum Walzen geeignete Oberfläche. Hierauf kommen sie in einen gasbefeuerten Vorwärmeofen. Dort werden sie während zwölf Stunden auf 500 Grad Celsius aufgeheizt – deshalb spricht man beim nachfolgenden Umformen von Warmwalzen.
Auf der Warmwalzstrasse von Novelis entsteht aus einem Aluminiumbarren durch wiederholtes Hin und Her mit immer engerem Abstand der Walzrollen ein Band von 7–9 Millimetern Dicke. Es ist faszinierend, zu beobachten, wie aus dem 4–5 Meter langen Block nach und nach ein mehr als 200 Meter langes Band wird. Zum Schluss wird dieses zu einem Coil aufgerollt und von einem selbstfahrenden Elektrofahrzeug ins ebenfalls automatische Hochregallager gebracht, wo der Coil abkühlt. Die Coils werden nach dem Abkühlen durch eine Kaltwalzstrasse geführt. Dies geschieht einmal oder mehrmals, je nach der Blechdicke, die der Kunde wünscht. Zwischen den einzelnen Durchgängen gibt es eine Abkühlphase im Hochregallager, wo die Coils die durch das Walzen entstandene Wärme wieder abgeben.
Halbfabrikate für die Automobilindustrie
Das Novelis-Werk in Siders stellt mit seinen rund 500 Mitarbeitenden fast ausschliesslich Aluminiumbänder für die Automobilindustrie her. Diese werden einerseits durch die Ganzzüge von SBB Cargo an den Novelis-Standort Göttingen transportiert, von wo sie per Bahn zur Weiterverarbeitung nach Nachterstedt (100 Kilometer nordwestlich von Leipzig) gebracht werden. Anderseits bringt SBB Cargo Aluminiumcoils auch direkt zu Endkunden, zum Beispiel zum Automobilhersteller Jaguar in Birmingham (Grossbritannien). Für diese Transporte braucht es spezielle Waggons mit Containern, da das Jaguar-Werk in Birmingham keinen direkten Bahnanschluss hat. Deshalb müssen die Container dort noch ein paar Hundert Meter auf der Strasse transportiert werden.
Neben der Produktion verfügt Siders auch über ein Forschungs- und Entwicklungszentrum, wo zum Beispiel an crashresistenten Aluminiumlegierungen mit hohem Recyclinganteil für die Automobilindustrie gearbeitet wird.
Transporte integraler Bestandteil der Produktion
Wie Daniel Brenner ausführt, verfügt das Walzwerk in Siders nur über geringe Kapazitätspuffer im Lager. «Deshalb müssen sowohl die Anlieferung als auch der Abtransport klappen. Diesbezüglich haben wir mit SBB Cargo gute Erfahrungen gemacht.»
Die Bahntransporte sind bei Novelis eingeplant wie Maschinenstunden.
Daniel Brenner, Leiter Logistik, Novelis, Siders
Als nach dem durch die Coronavirus-Pandemie bedingten Lockdown die Nachfrage der Novelis-Kunden plötzlich wieder anstieg und sogar die früheren Mengen übertraf, musste SBB Cargo schnell und flexibel reagieren. Nur so konnte sie die benötigten Transportkapazitäten rechtzeitig bereitstellen. «Bei uns sind die Transporte in die Produktion eingeplant wie unsere Walzwerke oder andere Maschinen», sagt Daniel Brenner. «Sie sind somit integraler Bestandteil der Produktion. Deshalb sind bei den Transporten Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit essenziell.»
Fotos: Thomas Andenmatten