Das neue Containerterminal Gateway Basel Nord soll auf einer Fläche zu stehen kommen, die seltenen Tieren und Pflanzen seit Jahren ein Zuhause bietet. Die Projektverantwortlichen setzen jedoch alles daran, den Eingriff in die Natur möglichst gering zu halten und Ersatzlebensräume zu schaffen. Ein Augenschein vor Ort.
Bäume, Sträucher, Blumen, dazu Heuschrecken, Schnecken und Reptilien: Wer über den stillgelegten Badischen Rangierbahnhof der Deutschen Bahn in Basel geht, wähnt sich in einem Naturparadies. Auf den einstigen Schotterflächen ist in den letzten 30 Jahren ein ökologisch wertvoller Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten entstanden, der schweizweit seinesgleichen sucht. Ausserdem hätte das Areal gute Aussichten darauf, ins Bundesinventar der Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung (TWW) aufgenommen zu werden (aktuell im Anhang 2 aufgeführt), würden auf der Fläche nicht schon seit geraumer Zeit Planungsarbeiten für das trimodale Containerterminal Gateway Basel Nord laufen. Die Anforderungen seitens Naturschutz sind hoch, denn das Terminal mit dem neuen Hafenbecken soll genau hier zu stehen kommen.
Um alternative Lebensräume für Flora und Fauna zu schaffen, müssen die Projektverantwortlichen Ausgleichsmassnahmen auf dem Areal sowie Ersatzmassnahmen an anderen, nahen und biogeografisch ähnlichen Standorten im Kanton leisten. Mit dem Ziel, die Qualität dieser Lebensräume zu sichern, haben sie zusammen mit Fachexperten eine Methode entwickelt, mit der jeder Quadratmeter des Areals bewertet wurde. Denn: Gemäss Natur- und Heimatschutzgesetz muss bei Bauvorhaben die Qualität solcher Lebensräume in der Summe erhalten bleiben. «Wir haben sehr viel Know-how investiert, um den Eingriff in die Natur so gering wie möglich zu halten und optimale Ersatzflächen zu finden», erklärt Florian Röthlingshöfer von den Schweizerischen Rheinhäfen, der das Vorhaben als Teilprojektleiter Umwelt mitverantwortet.
Vorabmassnahmen und strikte Auflagen
Besonders wichtig war es, die bestehenden Vernetzungskorridore für die Tiere aufrechtzuerhalten. Nur wenn sie intakt sind und die Arten sie nutzen können, dürfen die Bagger überhaupt erst auf dem Gelände auffahren. «Das Problem ist, dass Vernetzungskorridore in Agglomerationen häufig entlang der Bahnachsen verlaufen, deshalb mussten wir eng mit der Deutschen Bahn zusammenarbeiten. Die Natur macht an der Grenze nicht halt.» Während Röthlingshöfer über die Trockenwiese führt, zeigt er bereits umgesetzte Massnahmen wie Totholzhaufen, Erdwälle und Schlangenburgen, also unterirdische «Steinhaufen». Sie alle dienen den hier lebenden Tieren als Rückzugsorte. Im Fall der Quendelschnecke geht der Schutz noch weiter: Wenn die Baugenehmigung erteilt wird, werden die Schnecken vor Baubeginn von Hand eingesammelt und an einem neuen Ort ausgesetzt.
Ähnlich strikte Auflagen gelten während der Bauphase. Zum Schutz der Reptilien darf nur in den Sommermonaten gearbeitet werden, damit die Tiere flüchten können. Im Winter, wenn sich diese in der Winterstarre befinden, müssen die Maschinen ruhen. Zudem gibt es auf dem Areal Tabuzonen, die nicht betreten werden dürfen.
Welche Interessen überwiegen?
Für den Widerstand der Naturschutzorganisationen gegen das Gateway Basel Nord haben die Verantwortlichen Verständnis. Sie wissen, wie bedeutsam das Areal für die Artenvielfalt der Schweiz ist. Gleichzeitig geht es in ihren Augen um eine Interessenabwägung. Laut Teilprojektleiter Röthlingshöfer handelt es sich um ein Vorhaben von nationalem Interesse, das eine zentrale Rolle in der Verlagerungspolitik des Bundes spielt. Weil das Terminal an der für den Güterverkehr wichtigen Nord-Süd-Achse liege und mit dem neuen Hafenbecken direkt an den Rhein anschliesse, sei es an den Standort gebunden. Röthlingshöfer betont: «Gateway Basel Nord leistet einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz und hilft dabei, Bevölkerung und Natur vor den negativen Auswirkungen des Schwerverkehrs zu schützen. Wer sich für die Natur einsetzt, kann nicht gegen Verkehrsverlagerung sein.»
Fotos: Marvin Zilm