Nachdem im Gotthard-Basistunnel bereits die ersten 15 Kilometer Gleise verlegt sind, stand vor wenigen Tagen ein gigantischer Umzug an. SBB Cargo transportierte den Betonzug, das Herzstück des Bahntechnikbaus, von Biasca nach Erstfeld.
Die Arbeiten am Gotthard-Basistunnel laufen mit Hochdruck weiter. Denn in den längsten Eisenbahntunnel der Welt müssen unter anderem 3.200 Kilometer Kupferkabel, 300 Kilometer Schienen, 380.000 Betonschwellen verlegt sowie 417 Notrufsäulen und 280 Tunnelfunkverstärker eingebaut werden. Eine Besonderheit ist auch die feste Fahrbahn, die im Tunnel derzeit betoniert wird. Im Gegensatz zu Schotter, der im 5-Jahres-Takt gereinigt, verdichtet oder ersetzt werden muss, hält das Betonbett länger und dehnt sich im Tunnel bei konstanter Temperatur auch nicht aus.
Mit Hilfe eines eigens in Frankreich angefertigten Betonzuges werden Tag für Tag direkt im Tunnel 240 Kubik Beton verarbeitet und 200 Meter feste Fahrbahn verlegt. Diese 500 Meter lange Riesenmaschine betoniert die bereits montierten, auf den Zehntelmillimeter justierten und verspannten Schienen und Schwellen in der vorbereiteten Tunnelsohle 35 Zentimeter dick ein. Die 800 Tonnen schwere Anlage ist eine fahrbare Betonmischzentrale auf Rädern, die sämtliche Rohzuschlagstoffe – Gesteinskörnung, Zement, Wasser und Zusatzmittel – mit sich führt und vor Ort den benötigten Frischbeton herstellt. Das erübrigt Tausende von Fahrten mit fertigem Beton vom Tunnelportal zum Baustellenkopf, denn der gelbe Zug transportiert in seinen 24 Waggons Zement, Wasser und Kies separat und mischt sie erst vor Ort. Der Kies wird dabei über Laufbänder und Trichter vom Schluss des Zuges Wagen für Wagen nach vorn bis zur Mischtrommel an der Spitze transportiert.
Abends zieht die Lok den Zug, auf dem pro Schicht vier Arbeiter beschäftigt sind, wieder aus dem Tunnel. In einer Fahrbahnhalle wird er sechs Stunden geputzt und für die nächste Schicht automatisch neu beladen. Das geschah bisher in Biasca im Tessin, doch vor einigen Tagen wurde der Betonzug an das Tunnel-Nordportal in Erstfeld verlegt. Und dafür war Massarbeit erforderlich: Zunächst zogen zwei Gotthard-Loks der SBB Cargo den Giganten ganz in den Süden des Tessins, wo er in einer Schlaufe zwischen Chiasso und Como gewendet wurde. Der Umweg war nötig, damit der Kopf des Zuges in Erstfeld wieder an der Spitze ist. Dann fuhr der kolossale Wagenwurm auf der normalen Gotthardstrecke nach Norden: 880 Tonnen Hightech auf der bald 130 Jahre alten Bergstrecke und durch den Scheiteltunnel, der bis 2016 durch den 57 Kilometer langen Basistunnel ersetzt wird.
Das Verfahren, den Beton auf der Baustelle zu mischen, ermöglicht es den nachfolgenden Montagetrupps, im selben Gleisabschnitt praktisch gleichzeitig Fahrleitung, Stromkabel, Telekom- und Funkleitungen und andere Komponenten zu verlegen. Denn die Zeit drängt. Schon 2014 sind auf der gerade fertig betonierten Strecke im Tunnel zwischen Bodio und Faido über 15 Kilometer Distanz Testfahrten mit Geschwindigkeiten von bis zu 230 km/h geplant.