Der Konkurrenzdruck für die Nordseehäfen in Deutschland und den Niederlanden wird grösser: Chinesische Reedereien investieren am Mittelmeer in Umschlagkapazitäten und lassen ihre Containerschiffe nur bis nach Griechenland fahren. Der Weitertransport erfolgt auf dem Schienenweg, an dessen Ausbau sich Staatsfirmen aus dem Reich der Mitte beteiligen.
Während der Umschlag in den deutschen Häfen rückläufig ist und der Hamburger Hafen sogar ein Minus erwirtschaftet, erwächst ihnen neue Konkurrenz am Mittelmeer. Dort gehen chinesische Reedereien auf Einkaufstour. Sie fahren ihre Containerschiffe nur noch bis an die Küste Griechenlands, von dort geht es dann per Güterbahn nach Mitteleuropa weiter. Hierfür beteiligen sich Staatsfirmen aus Fernost auch am Bau der benötigten neuen Bahntrassen.
In Planung sei, so Athener Regierungskreise, eine Vorauszahlung über 10 Milliarden Euro aus China. Diese sei für die Nutzung des Hafens von Piräus bei Athen sowie für den Teileinstieg in die griechische Eisenbahn bestimmt. Bereits 2008 sicherte sich das chinesische Staatsunternehmen Cosco dort eine 35-jährige Konzession zum Betrieb von Hafenanlagen, und seit 2012 hat sich der Containerumschlag in Piräus mehr als verdoppelt. Cosco zielt darauf ab, Piräus bis 2016 auf eine Jahreskapazität von 6 Millionen Containern hochzurüsten – 2013 wurden dort erst 3,2 Millionen Stück umgeschlagen. Damit würde sich der Hafen in derselben Liga bewegen wie Rotterdam, Antwerpen und Hamburg. Angekurbelt wird die Nachfrage durch grosse Elektronikkonzerne wie Huawei, ZTE oder Hewlett-Packard, die in Griechenland neue Logistikcenter ansiedeln.
Mit Ausfuhren im Wert von rund 2,18 Billionen Franken war China im Jahr 2014 das stärkste Exportland weltweit – Europa ist dabei einer der wichtigsten Handelspartner. Nun greift das Land laut einem Zeitungsbericht in seinen Schatz an Währungsreserven und will mit 64 Milliarden Franken chinesischen Konzernen neue Handelswege aus dem Reich der Mitte in die Welt bauen. Die Entwicklungsstrategie «One Belt, One Road» («Ein Gürtel, eine Strasse») sieht dabei unter anderem massive Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur vor.
Teil der Erschliessung einer neuen «Seidenstrasse» nach Europa ist auch eine Expresslinie von Piräus über Mazedonien und Serbien bis nach Budapest. Konkret ist zunächst allerdings nur der Ausbau der Strecke Belgrad-Budapest. Bereits in zwei Jahren sollen hier die ersten Züge über die 360 Kilometer lange Strecke rollen, deren Ausbau etwa 1,5 Milliarden Euro kostet und mit chinesischer Hilfe finanziert wird. Ist das ehrgeizige Gesamtprojekt abgeschlossen, soll sich die Transportzeit von Gütern aus China für zentraleuropäische Abnehmer um sieben Tage verkürzen. Gezogen werden die Containerzüge auf der neuen Trasse womöglich von chinesischen Loks: Deren Exportvolumen betrug 2014 bereits 3,74 Milliarden Dollar – 2001 waren es erst 80 Millionen.