Die Ausweitung und Erneuerung der Schienenstrecken ist in der Schweiz nicht auf den Gotthard-Basistunnel beschränkt. Der Bau des neuen Albulatunnels, des Herzstücks der Albulabahn im Kanton Graubünden, hat begonnen und die Ausführung ist eine grosse Herausforderung, insbesondere auch, was die begleitende Logistik betrifft.
Der Albulatunnel zwischen Preda und Spinas wurde 1903 in Betrieb genommen. Er liegt auf der Strecke Chur–Thusis–St. Moritz und ist seit 2008 Teil des Unesco-Welterbes. Eine Inspektion des über 110-jährigen Albulatunnels im Jahr 2006 brachte neben gravierendem Erneuerungsbedarf – mehr als die Hälfte der 5864 m langen Tunnelröhre befand sich in einem schlechtem Zustand – auch erheblichen Nachholbedarf bezüglich der Sicherheit zu Tage.
Die Rhätische Bahn (RhB) entschied sich 2010 für einen Neubau. Ausschlaggebende Argumente dafür waren der relativ geringe Kostenunterschied zur Sanierung, kaum fahrplanrelevante Einschränkungen während der Bauphase und die deutliche Steigerung des Sicherheitsniveaus. Der Masterplan des neuen Tunnels wurde von der RhB eng mit den Verantwortlichen der Denkmalpflege des Kantons und des Bundes abgestimmt.
Nachhaltige Lösungen der Bündner Güterbahn
Der An- und Abtransport der Baumaterialien erfolgt grösstenteils per Bahn, um die Anwohner vom Baustellenverkehr zu entlastet und den Strassenverhältnissen im Gebirge Rechnung zu tragen.
Seit Ende August 2015 setzen die RhB Extrazugleistungen ein. Von Samedan her bedient nach Bedarf bis zu zweimal täglich der «Albula–Shuttle» die Baustellen von Spinas und Preda mit Baugütern: Zement, Stahlwaren, Kies und Sand. Das Ausbruchmaterial transportiert der «Albula-Sprinter» ab Spinas nach Preda. Neben Rohstoff für die Beton- und Schotterproduktion wird 150 000 m³ nicht wiederverwertbares Gestein auf die projekt-spezifische Deponie Las Piazzettas in Preda verbracht. Die Abtransporte finden jeweils in den betrieblichen Randstunden mit dem «Grischa-Sprinter» statt, so dass der normale Schienenverkehr aufrechterhalten werden kann.
Teil der Logistik ist auch die Strom- und Wasserversorgung. Dafür dient das alte Kraftwerk gegenüber dem Bahnhof in Preda, das mit Wasser aus dem Palpuognasee betrieben wird. Eine Abzweigung im Druckrohr leitet das Wasser durch den bestehenden Tunnel an die Baustelle und bleibt als Löschwasserversorgung des neuen Albulatunnels bestehen.
Sicherheit wird gross geschrieben
Bei einem Tunnelbauprojekt dieser Grössenordnung müssen neben dem Welterbestatus auch zahlreiche Umwelt- und Sicherheitsaspekte beachtet werden. Das Sicherheitskonzept am Albulatunnel basiert auf dem Prinzip der Selbstrettung. Ein Grossteil der Strecke ist nach wie vor einspurig. Die Anlage und die technische Ausrüstung erfüllen alle gesetzlichen Sicherheitsanforderungen an eine Bahnanlage. Im Ereignisfall ermöglichen kurze Fluchtwege und Sicherheitseinrichtungen im neuen Albulatunnel das Verlassen der Unfallstelle durch die Querverbindungen in den Sicherheitstunnel. Für interessierte Besucher wurde in Preda die Infoarena Albulatunnel erstellt, wo auf einer 165 m langen Baustellenwand Wissenswertes u.a. zu Geologie, Tunnelbautechnik und Logistik vermittelt wird.
Der neue Albulatunnel wird ab 2021 den bestehenden Tunnel zwischen dem Engadin und dem Albulatal ersetzen.