Die Elektroautos rollen an

SBB Cargo erneuert ihren Wagenpark – zu 100 Prozent elektrisch. Das ist gut für die Umwelt und gut für die Kosten. Ein Besuch am Rangierbahnhof Lausanne Triage, wo die ersten Elektroautos unterwegs sind.

«SBB Cargo besitzt rund 50 Fahrzeuge in der Fläche, davon mussten 18 altershalber in den letzten Monaten ausgetauscht werden», erzählt die Projektverantwortliche Susanne Lamonato. Wir stehen hinter dem Hauptgebäude des Rangierbahnhofs Lausanne Triage (LT), links und rechts von uns glänzt je ein schneeweisser Renault Zoe in der Sonne. Einer ist per Kabel mit der Ladestation, einem kleinen grauen Kasten, verbunden. «Hier in LT haben wir seit Januar drei Elektro-Fahrzeuge in Betrieb, in der Deutschschweiz sind es weitere 15», führt Susanne Lamonato aus. 

Die Autos in der Fläche werden vor allem genutzt, um sich zwischen den verschiedenen Bahnhöfen einer Region rasch fortzubewegen. Zum Beispiel, wenn eine Reparatur anfällt. Doch weshalb wechselt man auf Elektrofahrzeuge? Senior Teamleiter Zoran Pajic deutet auf die Kleinwagen: «Sie sind effizient und reichen für unsere Arbeit absolut aus.» An erster Stelle habe bei der Wahl aber die Umwelt gestanden: «Damit unterstützt SBB Cargo die Klimaziele der SBB.» Zoran Pajic redet weiter – und man spürt seine Überzeugung: «Aufgrund der gestiegenen Benzin- und Dieselpreise kostet ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor im Alltag viel Geld. Folglich tun wir auch etwas Gutes für die Kosten!» 

Von Skeptikern zu Fans

Ein kleiner Elektrowagen – nicht gerade das, was man sich im Umfeld von schweren Loks mit viel PS vorstellt… Wie also kommen die neuen Autos bei den Mitarbeitenden an? Tanguy von Ballmoos ist als Technischer Kontrolleur mehrmals pro Woche mit den Renault Zoe unterwegs. Er öffnet den Kofferraum. «Am Anfang mussten wir ein wenig umdenken», sagt er. «Da der Stauraum begrenzt ist, überlegen wir nun vorher, was wir genau brauchen.» Ähnlich sei es mit der Route. Er und seine Kollegen würden vor der Fahrt abwägen, ob zum Beispiel eine halb volle Batterie reiche oder ob man diese lieber ganz lade. Bei einer Autonomie von 360 Kilometern sei das aber selten ein Problem. Und das Fahrgefühl gefällt Tanguy von Ballmoos: «Die Beschleunigung ist eindrücklich! Man glaubt kaum, was für eine Kraft in diesem kleinen Wagen steckt.» 

Auch Teamleiter Gabriele Carluccio berichtet von positivem Echo. «Am Anfang gab es zwar bei einigen Mitarbeitenden etwas Widerstand.» Weil kein Motor dröhnt? «Nein», lacht er, «weil einige Leute noch nie einen Automaten gefahren sind…» Aber mittlerweile seien viele Kollegen richtige Fans geworden: «Im Winter kann man Sitz und Steuerrad heizen. Und ein cooles GPS ist auch eingebaut. Hinzu kommen einige Optionen, die den Gebrauch erleichtern.»

Tanguy von Ballmoos kommt mit dem begrenzten Stauraum gut zurecht.

Komplette Umstellung bis 2030 

«Willst du fahren?» Zoran Pajic hält dem Autor den Schlüssel hin. Wir machen eine kleine Tour, zum Nachbardorf und zurück. Tatsächlich fühlt man sich schon nach wenigen Momenten pudelwohl. Das Auto schnurrt leise. Und wenn man nach einem Rotlicht wieder beschleunigt, drückt es einen förmlich in den Sitz. Das Erstaunlichste: Als wir nach acht Kilometern wieder am Bahnhof LT parkieren, steht die Anzeige immer noch bei 360 Kilometern Autonomie – 100 Prozent geladen. «Beim Bergabfahren und beim Bremsen gewinnt das Auto Energie zurück», erklärt Zoran Pajic. «Wenn man vorsichtig fährt, hält die Batterie viel länger.» 

Als nächster Schritt werden in den kommenden Monaten auch in der Deutschschweiz professionelle Ladestationen installiert. Zurzeit lädt man dort noch mit einem Adapter via Steckdose. Bis 2030 wird SBB Cargo den gesamten Wagenpark auf elektrisch umstellen – also weitere 30 Fahrzeuge. «SBB Cargo gehört damit zu den Pionieren», sagt Susanne Lamonato stolz. «Unsere positiven Erfahrungen können weitere Bereiche der SBB zur Umstellung motivieren.» 

PS. Nach meiner Testfahrt in Lausanne Triage überlege ich mir, unseren alten Benziner zuhause durch ein neues Elektroauto zu ersetzen… 

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