Seit dem 20. August gehen die Uhren für die russischen Eisenbahnen (RZD) anders. Der neue Präsident des Logistikkonzerns heisst Oleg Belozerow. Nach einem Jahrzehnt an der Spitze der RZD wechselt Wladimir Jakunin in die Politik.
Der russische Transportminister Maxim Solokow, der über sieben Vizeminister verfügt, muss seinen ersten Stellvertreter ersetzen: Oleg Belozerow folgt auf Wladimir Jakunin als Leiter der Russischen Eisenbahnen (RZD). Belozerow, der im März 2009 zum stellvertretenden Transportminister berufen wurde, legt sein jetziges Amt nieder. Vor seiner Arbeit im Ministerium leitete der die russische Bundesbehörde für den Strassenbau «Rosawtodor»
Jakunin hatte bereits vor der Ernennung von Belozerow seinen Rücktritt angekündigt. Er wechselt in die Politik und wird für den Sitz im russischen Senat für die Region Kaliningrad kandidieren.
Ein Jahrzehnt der Entwicklung
Jakunin hatte der RZD in ihrer heutigen Rechtsform als Präsident seit Juni 2005 vorgestanden, war aber bereits seit ihrer Gründung 2003 ihr Vizepräsident. In seiner Amtszeit hat Jakunin den Konzern der staatlichen Eisenbahnen, der in seinen Spitzenzeiten bis zu 1,3 Mio. Mitarbeiter in seinen Reihen zählte, neben Grossprojekten in Russland auf eine konsequente Linie der Internationalisierung ausgerichtet. Dabei standen sowohl die technische Unterstützung von Schwellenländern als auch die Öffnung der westlichen Märkte im Vordergrund.
Assistenz und Akquisitionen
Das Herzstück der RZD-Strategie bildet die eurasische Schienenbrücke, die in enger Kooperation u.a. mit Kasachstan und Weissrussland vorangetrieben wird. Es ist das Ziel, mehr Güterströme zwischen Asien und Europa vom Seeweg auf die Schiene zu lenken.
An der Peripherie Russlands wurde und wird eine Reihe von Projekten in Kooperation umgesetzt, so in Ländern wie Armenien, dem Iran oder Nordkorea. Nicht alle Blütenträume reiften: Der Bau einer Eisenbahnstrecke in Libyen musste 2011 aufgrund der Unruhen im Land unterbrochen werden. Desgleichen wartet die Verlängerung der Breitspurstrekke vom ostslowakischen Kosice bis nach Wien ebenfalls noch auf ihre Umsetzung.
Im Jahr 2012 erfolgte jedoch der grösste unternehmerische Coup der RZD unter Jakunins Führung – die Übernahme von 75% der Anteile des französischen Logistik-Unternehmens Gefco. In 2015 soll das Unternehmen trotz des rückläufigen russischen Automobilmarkts eine Dividende von 73 Mio. EUR für den Hauptgesellschafter erwirtschaften.
Aktuelle Aufgaben
Es entbehrt nicht der Tragik, dass das Ende von Jakunins Amtszeit, der im Dezember 2014 als Vorsitzender des Internationalen Eisenbahnverbandes (UIC) für eine zweite Amtszeit gewählt worden war, von den Sanktionen westlicher Staaten überschattet wurde. Da bereits im Jahr 2014 die Handelsvolumina mit Europa um ca. 20% eingebrochen sind, erwartet den neuen Präsidenten des RZD keine leichte Aufgabe.