Basel will seine Stellung als führende Umschlagsplattform des Landes behaupten. Das Gateway Basel Nord, ein Terminal für Schiene, Strasse und Rhein, in das auch SBB Cargo stark involviert ist, soll diesem Anspruch gerecht werden – und Arbeitsplätze sichern.
Beat Lampart, Leiter Terminalentwicklung bei SBB Cargo und Projektleiter des Gateway Basel Nord (GBN), steht auf einer Brache in der Nähe des Dreiländereck in Basel und zeichnet die Umrisse dessen in die Luft, was bald schon hier stehen könnte: fünf Portalkräne, die sich als stählerne Bögen in den Horizont schneiden, sechs Umschlaggleise, gesäumt von vier gestapelten Containerreihen, flankiert vom Hafenbecken, Abfertigungsplätze für die Lastwagen, Zufahrtsstrassen, ein paar Gebäude… Und überall emsiges Treiben, dominiert von den zwischen Schiffen, LKWs und Zügen zirkulierenden Containern.
Wir befinden uns auf dem Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs der Deutschen Bahn. Es bietet sich als Logistikstandort geradezu an, grenzt es doch sowohl ans Hafengebiet wie auch an den Bahndamm und die Autobahn. «Der Standort ist ideal, um Schiff, Bahn und LKW im Güterverkehr optimal zu bedienen», sagt Martin Haller. Er ist Leiter Kombinierter Verkehr bei SBB Cargo und im Juni 2015 zum VR-Präsidenten der Gateway Basel Nord AG gewählt worden. Diese wurde im Sommer 2015 gegründet, damit sich Basel als das führende Schweizer Umschlagterminal positionieren kann. Träger und Partner sind SBB Cargo, Hupac und Contargo. Die Planung des neuen Umschlagterminals liegt in ihren Händen. Und ist bereits weit fortgeschritten.
Einfache Rangierbewegungen dank 750 Meter langen Gleisen
Warum das Gateway so wichtig ist für SBB Cargo? Das geplante Umschlagterminal eröffnet neue Möglichkeiten für die Logistikkette zwischen den Nordseehäfen und der Schweiz – SBB Cargo möchte in diese Kette noch stärker als bisher involviert sein. Zudem sind die wirtschaftlichen Vorteile der neuen Anlage bedeutend: optimierte Abläufe, effizienterer Bahnwageneinsatz, Mengen- und Preisvorteile, Produktionsgewinne, Pünktlichkeit und Qualität. «Dank der Länge des geplanten Gateways und der Gleise kann die gesamte Fracht auf bis zu 750 Metern umgeladen werden, und zwar ohne zusätzliche Rangierbewegungen», sagt Martin Haller. Heute müssen die Züge, weil die Gleise an den Quais lediglich 150 bis 200 Meter lang sind, zuerst geteilt und dann mühsam wieder zusammengekuppelt werden.
Das Gateway als Hauptbahnhof für den Güterverkehr
Heute verbindet SBB Cargo die Hafenbahnhöfe mit 350 Bedienpunkten im Wagenladungsverkehr und acht Terminals für den Containerumschlag in der ganzen Schweiz. Die Logistikdrehscheibe in Basel beschäftigt rund 7700 Personen und schlägt über sechs Millionen Tonnen Güter jährlich um, zehn Prozent des nationalen Transportvolumens. Davon werden knapp zwei Drittel mit der Bahn weiterbefördert. SBB Cargo ist auf dem Hafengelände für rund 90 Prozent der Bahnbewegungen verantwortlich.
Doch der Containerverkehr zwischen der Nordsee und den Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) dürfte sich laut Studien in den nächsten zwanzig Jahren nahezu verdoppeln. Mit der heutigen Infrastruktur kann das Wachstum im schiffseitigen Containerverkehr gar nicht mehr lange bewältigt werden. Ausserdem verliert der Raum Basel Umschlagkapazitäten in der Grössenordnung von 100 000 TEU (1 TEU sind Twenty-foot Equivalent Unit. Das heisst 6,058 × 2,438 × 2,591 m³): Die Areale der Terminals Basel Wolf sowie jenes am Westquai des Hafenbeckens 1 werden mittelfristig ihren Standort wechseln müssen. Sie stehen dem Containerumschlag dann nicht mehr zur Verfügung.
Fest steht: Für die optimale Bündelung der Verkehre funktioniert das GBN wie ein Hauptbahnhof für den Güterverkehr.
Studie bestätigt: Das Gateway schafft Arbeitsplätze
«Skeptische Stimmen argumentieren, dass wir uns zu ehrgeizige Verlagerungsziele setzen», räumt Beat Lampart ein. «Aber wir werden beweisen, dass diese Ziele realistisch sind.» Das GBN könnte die Stadt Basel dereinst von rund 100 000 Lastwagen-Fahrten jährlich entlasten. Auch jene langen und schweren Güterzüge, die nach der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels ab 2020 auf der zur alpinen Flachbahn ausgebauten Gotthardstrecke verkehren werden, wird man dann im Gateway Basel Nord schnell und speditiv bedienen können.
Nicht zuletzt gibt es strategische und wirtschaftliche Gründe dafür, den Containerumschlag möglichst innerhalb der Landesgrenzen abzuwickeln. Gemäss einer aktuellen Studie fallen durch das GBN in der Investitionsphase (2019 bis 2022) einmalig 149,1 Millionen Franken Bruttowertschöpfung und 321 Arbeitsplätze bei Schweizer Unternehmen an. Hinzu kommen gemäss dieser Prognosen durch die Logistiktätigkeiten im laufenden Betrieb ab 2030 dauerhaft jährlich nochmals insgesamt 89 Millionen Franken Bruttowertschöpfung und 578 Arbeitsplätze.
Klar ist: Ohne GBN würde sich der Containerumschlag ins Ausland verlagern und von dort auf die Strasse und nicht auf die Schiene. Noch mehr Güter gelangten dann per LKW in die Schweiz. «Das ist aus Schweizer Optik keine Alternative», sagt GBN-Projektleiter Beat Lampart. «Das GBN ist die letzte und einzige Möglichkeit, um die Rheinhäfen noch besser an die Schweiz und das Meer anzubinden», verdeutlicht er.
Nächster Schritt: Baubeginn bis Ende 2017
Das Plangenehmigungsverfahren für den ersten Ausbauschritt des Umschlagterminals hat die öffentliche Auflage passiert. Es wird nun vom Bundesamt für Verkehr mit den Stellungnahmen der Fachbehörden geprüft. «Im Idealfall rechnen wir mit Baubeginn gegen Ende 2017», so Lampart. Die erste Etappe des Ausbaus wird 73 Millionen Franken kosten. Der Bund wird maximal vier Fünftel, die GBN AG den Rest des Betrags übernehmen – über den Förderbetrag des Terminals wird ebenfalls im Verlauf von 2017 definitiv entschieden. Haller und Lampart sind mit dem bislang erzielten Planungsfortschritt zufrieden. «Es gab zwar nicht schlaflose Nächte, aber viele lange und überaus intensive Arbeitstage», sagt Lampart. Das Umschlagterminal könnte, wenn alles wunschgemäss läuft, 2019 fertig sein. Vorerst in einer bimodalen Variante, das heisst für den Umschlag Strasse/Schiene. Und das mit einer jährlichen Kapazität von 140 000 TEU. Damit das neue Gateway Basel Nord seine Schlüsselfunktion vollständig ausfüllen kann, muss er in einem zweiten Ausbauschritt zum trimodalen Terminal erweitert werden, das heisst neben Strasse und Schiene kommt ein schiffbarer Wasseranschluss hinzu. Das entscheidende Puzzlestück, das dazu noch fehlt, ist das Hafenbecken 3. Dessen Realisierung ist eine Aufgabe der Schweizerischen Rheinhäfen. Wenn alles optimal läuft, könnte 2019 mit dem Aushub begonnen und das Hafenbecken dann nach dreijähriger Bauzeit 2022 eingeweiht werden.