Im letzten Teil unserer Blogserie stellen wir die Digitalisierungsinitiativen von SBB Cargo vor. Denn die Schweizer Güterbahn zählt hier zu den Pionieren in Europa. Vom «Güterwagen der Zukunft» über die die Ausrüstung der Flotte mit RFID-Chips bis hin zum «Asset Intelligence-System» mit modernster Sensorik für den Schienengüterverkehr reicht die Liste der Projekte.
Mitte 2017 wird es soweit sein. Dann starten auf den Schweizer Geleisen die ersten 16 «Güterwagen der Zukunft» zu einem vierjährigen Test. Ausgestattet sind sie mit einer Vielzahl von Innovationen. Dazu zählen Scheiben- statt der herkömmlichen Klotzbremsen und radial einstellbare Radsätze an den Drehgestellen, die zu weniger Lärm und Verschleiss als die bisher fest montierten Komponenten führen. Zudem haben die Radsätze einen Schalldämpfer und es werden automatische Kupplungen eingesetzt – ein wichtiger Schritt in Richtung Automatisierung des Betriebs und zur Steigerung der Effizienz auf den Rangierbahnhöfen.
Güterbahn ist Teil der Logistikkette der Kunden
Doch dieses europaweite Demonstrationsprojekt ist nur ein Mosaikstein im Innovationskonzept der Schweizer Güterbahn. «Intelligente Güterwagen sind eine Anforderung des Marktes. Wir sind ein Teil der Logistikkette der Kunden, und da müssen wir hineinpassen», sagt Anja-Maria Sonntag, Projektleiterin Automation bei SBB Cargo, im Interview. Deshalb seien letztes Jahr in einer Pilotphase 150 Kühlwagen mit Sensoren zur Temperaturüberwachung ausgerüstet worden, um den Kunden jederzeit über ein «Track and Trace»-Portal die Verfolgung des Weges ihrer sensiblen Güter zu ermöglichen.
Auch an einer automatischen Bremsprobe wird gearbeitet, um die Abläufe schneller zu machen. Im Projekt «Effizientes Rangieren und Zugbildung» wird der Rangierbetrieb modernisiert und industrialisiert. Seit Oktober 2016 arbeiten die Rangiermitarbeitenden im Bereich der Wagenzustellung und -abholung bereits mit einer mobilen App auf ihrem Tablet.
Verwiegetechnik als Beladehilfe, die Überwachung des Verschlusszustands, Geo-Lokalisierung oder eine Stromversorgung für Kühlcontainer durch das SBB-Netz sind weitere Einzelvorhaben. Mit der «Wayside Intelligence» können an definierten Stellen im Netz durchfahrende Wagen aufgrund ihrer Nummer identifiziert und ihr Zustand überprüft werden.
Besserer Überblick durch RFID-Chips und Sensoren
Bis Ende 2017 sollen zudem rund 5000 Güterwagen mit RFID-Chips (Radio-frequency identification) ausgerüstet sein. Das System liefert automatisch Informationen zur Wagenreihung an der Ladestelle oder generiert Ankunftsalarm- und Abfahrtsmeldungen – je nachdem, wann ein Kunde über die Zugsankunft informiert werden möchte.
Gemeinsam mit Bosch Engineering testet SBB Cargo bereits seit einiger Zeit ein «Asset Intelligence-System» für den Schienengüterverkehr. Kernstück ist eine kleine Box mit Sensoren, die an den Güterwagen befestigt wird. Diese sammeln metergenaue Informationen über die aktuelle Position sowie den Zustand von Ladung und Wagen, wie beispielsweise Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Da es beim Rangieren und Verladen häufig zu Erschütterungen kommt, die im schlimmsten Fall Güterwagen und Ware beschädigen können, misst ein dreiachsiger Beschleunigungssensor in der Vernetzungs-Hardware die Stärke, Häufigkeit und genaue Position dieser Stösse und wertet die entsprechenden Daten aus. Der gesamte Transport lässt sich so lückenlos dokumentieren.
«Die Vernetzung der Waggons ist ein ganz wichtiger Schritt, um den Schienengüterverkehr im Wettbewerb mit dem Gütertransport auf der Strasse zukunftsfähig zu machen», betont Anja-Maria Sonntag. Doch echte Einsparungen gebe es nur, wenn die gewonnenen Daten auch genutzt würden, um die bisherigen Prozesse entsprechend anzupassen. «Zum Beispiel bei der Einsatzplanung der Wagen, bei der Logistikplanung oder der Planung der Wartungsintervalle», nennt sie einige Beispiele.