Der Hafen in Birsfelden ist für das Energieunternehmen VARO eine wichtige Drehscheibe beim Umschlag von Mineralöl. Dieses kommt auf dem Rhein aus dem Norden. Heizöl, Benzin, Diesel und Flugbenzin werden ab Birsfelden durch ChemOil Logistics, eine Tochterfirma von SBB Cargo, per Bahn in die ganze Schweiz verteilt.
Auf dem Hafenareal in Birsfelden hat leichter Nieselregen eingesetzt. Wir sind froh, auf ein grosses, gedecktes Gerüst mit schmalen Treppen und dicken Rohren zu steigen. Zu unseren Füssen wird gerade die Grundlage für eine Flugreise nach Istanbul, New York oder vielleicht Bangkok bereitgestellt: ein Zug mit Kesselwagen, den ein Arbeiter von VARO mit Flugbenzin befüllt. Eben macht er sich daran, den mächtigen Deckel des Kesselwagens wieder zu verschrauben und mit einer Plombe zu versehen.
Alle Produkte, die wir hier umschlagen, sind Gefahrgüter. Es gelten sehr hohe Sicherheitsanforderungen.
Thomas Jetzer, Logistics Manager VARO Energy Marketing AG
Hinter uns sehen wir grosse und kleine Türme mit grauen Metallwänden. In den beiden VARO-Tanklagern in Birsfelden gibt es rund 90 Tanks, von kleinen mit einem Volumen von 23 Kubikmetern bis zu grossen mit bis zu 20 000 Kubikmetern. Birsfelden ist für das Unternehmen ein sehr wichtiger Standort: Hier legen die Rheinschiffe aus Rotterdam, Amsterdam und Antwerpen oder aus Raffinerien entlang des Rheins an. Ihre Mineralölprodukte werden in die Tanklager und dann auf die Bahn oder – zur Feinverteilung in der Region Basel – auf Lastwagen umgeschlagen.
Lieferung von Brenn- und Treibstoffen
Das im Jahr 2012 gegründete Mineralölunternehmen VARO mit Sitz in Cham ZG besitzt über die ganze Schweiz verteilt mehrere Tanklager. Alle haben Bahnanschluss. Von diesen aus werden verschiedenste Kunden beliefert, von grossen Tankstellenbetreibern über regionale Brenn- und Treibstoffhändler bis hin zu Endkonsumenten. Das Unternehmen operiert international mit Schwerpunkt in Nordwesteuropa und verfügt über eigene Raffinerien und Pipelines, fördert aber selbst kein Rohöl. Auch die einzige Erdölraffinerie der Schweiz, jene in Cressier NE, ist seit 2012 im Besitz von VARO. Dort wird aus Rohöl ein Viertel der in der Schweiz verbrauchten Mineralölprodukte hergestellt. Hauptsächlich sind dies Benzin, Diesel und Heizöl. Pro Woche fährt VARO in der Schweiz rund 50 Züge.
Für grosse Mengen die Güterbahn
Warum setzt VARO auf die Bahn? Sein Unternehmen transportiere so grosse Mengen, das könnte per Lastwagen nur schwer bewältigt werden, hält Jetzer fest. «Zudem ist der Transport per Bahn praktisch CO2-neutral», sagt er. So ersetze ein Ganzzug mit 20 Kesselwagen rund 40 Lastwagenfahrten. 2020 hat das Unternehmen durch die Bahntransporte in der Schweiz rund 20 000 Tonnen CO2 vermieden.
Für den Bahntransport setzt VARO seit der Firmengründung auf ChemOil. Diese war 1999 gleichzeitig mit der Auslagerung des Güterverkehrs aus der SBB gegründet worden. ChemOil ist eine Tochterfirma von SBB Cargo und hat sich auf den Transport von Mineralölprodukten und chemischen Stoffen spezialisiert.
VARO ist einer ihrer wichtigsten Kunden. Neben fast sämtlichen Transporten ab der Raffinerie in Cressier und den Zügen ab dem Hafen Birsfelden fährt sie für das Energieunternehmen auch Züge aus der Raffinerie Bayernoil (nördlich von München) in die Schweiz. Beim Mineralöl setzt ChemOil generell auf Ganzzüge, bei den chemischen Produkten ist sie ins System des schweizerischen Wagenladungsverkehrs eingebunden.
Automatisierung und Digitalisierung im Fokus
Welches sind die Wünsche an ChemOil, und wie sieht VARO die Zukunft? VARO setze stark auf Automatisierung und Digitalisierung, deshalb sei die automatische Kupplung der Kesselwagen sehr wichtig. Zudem müsse der Güterverkehr bei der Trassenvergabe gegenüber dem Personenverkehr fair behandelt werden. Für die Zukunft seines Unternehmens sei die Energiewende «eine grosse Herausforderung, die aber auch neue Möglichkeiten schafft», räumt Jetzer ein. VARO setzt deshalb bereits seit vielen Jahren auf Biotreibstoffe wie Ethanol und Biodiesel. Das Unternehmen will bei der Energiewende in Europa eine aktive Rolle spielen.
Foto: Christian Aeberhard