Grosse Eisenbahntunnel durch die Alpen (1): der Lötschberg

Der Gotthardbasistunnel, der im Juni 2016 eröffnet wird, ist nicht der einzige wichtige Alpentunnel. Welche Alpenübergänge gibt es sonst in Europa und weshalb wurden sie gerade dort gebaut? Dazu eine neue Serie, wir starten mit dem Lötschbergtunnel.

Nach der Inbetriebnahme der Gotthard-Bergstrecke im Jahr 1882 wollte auch der Kanton Bern eine Transitverbindung durch die Alpen bauen. Von der Eidgenossenschaft gab es allerdings kein Geld für ein solches Projekt, da man sich keine Konkurrenz zum Gotthard schaffen wollte. Frankreich beteiligte sich aber, da es im deutsch-französischen Krieg 1871 seinen Grenzübergang Basel an Deutschland verloren hatte. Der Verkehr sollte über Delle im Jura geleitet werden.

Im Juli 1906 wurde die Berner Alpenbahngesellschaft Bern-Lötschberg-Simplon (BLS) gegründet, noch im selben Jahr starteten die Bauarbeiten für die 58 Kilometer lange Bergstrecke zwischen Frutigen im Berner Oberland und Brig im Wallis. Verschiedene Streckenführungen waren diskutiert worden, als geistiger Vater der schliesslich gebauten Lötschberg-Bergstrecke gilt Wilhelm Teuscher, der in den 1870er Jahren Berner Regierungsrat gewesen war.

Der Lötschbertunnel hat eine Länge von 14,6 Kilometer, zusätzlich mussten die Arbeiter auf den Zufahrtsrampen 33 kleinere Tunnels und 22 Brücken bauen, wie die BLS auf ihrer Website schreibt. Im Juli 1913 wurde die Strecke feierlich eröffnet. Der Simplontunnel, der eine Verbindung von Brig nach Iselle in Italien herstellte, war schon 1906 in Betrieb genommen worden – damit war die Bahn nach Italien also frei.

Die Jahrzehnte zogen ins Land, die Verkehrsströme wuchsen, namentlich auch der Güterverkehr. 1970 empfahl eine vom Bund eingesetzte Kommission den Bau eines Basistunnels durch den Gotthard. Es wurden auch andere Projekte diskutiert. 1989 entschied sich der Bundesrat schliesslich für eine Netzvariante, neben dem Bau eines Basistunnels am Gotthard auch einen am Lötschberg zu bauen. Geistiger Vater dieses Vorschlags war Verkehrsminister Adolf Ogi (Foto). «Ich musste kämpfen wie ein Löwe», sagte Ogi in einem Interview mit der «Berner Zeitung». Er nahm eine Schweizer Karte aus der Schublade und zog einen geraden Strich von Altdorf nach Biasca für die Gotthardlinie. Als Zweites machte er einen etwas kürzeren Strich von Frutigen in den Raum Visp. «Zugegeben, der zweite Strich brauchte noch mehr Mut als der erste», so Ogi.

Die Schweizer Bevölkerung stimmte der Neuen Eisenbahn-Alpentransversalen (Neat), wie das Konzept genannt wurde, 1992 zu. Im Jahr 1998 sagte sie auch Ja zum Finanzierungsmodell (FinöV-Vorlage). Aus finanziellen Gründen wurde aber nur eine redimensionierte Netzvariante gebaut, beim Lötschberg verzichtete man auf einen bahntechnischen Ausbau der Doppelspur. Die zweite Röhre ist jedoch weitgehend ausgebrochen. Die Bauarbeiten erfolgten zwischen 1999 und 2007. Betrieben wird der Tunnel durch die BLS, aber auch die SBB, SBB Cargo und andere Eisenbahnunternehmen benutzen ihn rege.

Zentraler Ansporn für den Bau der Neat war die Verlagerung des Verkehrs von der Strasse auf die Schiene. Im Rahmen der Alpenkonvention, einem internationalen Abkommen, bekannten sich alle acht Anrainerstatten zu diesem Prinzip. Nochmals Adolf Ogi: «Während die Tunnelprojekte Mont-Cenis zwischen Frankreich und Italien sowie Brenner zwischen Österreich und Italien noch viele Jahre von der Realisierung entfernt sind, waren wir in der Schweiz schneller und lösten unser Versprechen vollumfänglich ein», sagte der ehemalige Bundesrat (1988 bis 2000) im Frühling 2015 dem «Cargo Magazin».

Kennzahlen zum Lötschberg-Basistunnel
Länge:                       34,6 Kilometer
Maximale Steigung:  13 Promille
Bauzeit:                     1999 – 2007

Foto: Keystone

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