Prof. Dr. Paul Wittenbrink lehrt Transport und Logistik an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, führt wissenschaftliche Untersuchungen durch und berät Transport-/Logistikunternehmen in der Strategieentwicklung. Zuvor war er von 2004 bis 2006 Mitglied der Geschäftsleitung der SBB Cargo AG. Sein Gastbeitrag, zu dessen Thema er auch gerade eine Veranstaltung für den Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) moderiert hat, beschäftigt sich mit den Chancen der grünen Logistik.
Nicht erst seit Fukushima steht der effiziente Umwelt- und Ressourceneinsatz ganz oben auf der Agenda. Dabei werden die notwendige Energiewende und die damit verbundene Steigerung der Energieeffizienz nur dann gelingen, wenn auch der Verkehr einbezogen wird, macht dieser doch ca. 15-20 % der weltweiten CO2-Emissionen aus. Insofern ist es auch nicht erstaunlich, dass auch das Thema „Green Logistics“ erheblich an Bedeutung gewonnen hat.
Nach einer Umfrage der Dualen Hochschule Baden-Württemberg spielt das Thema „Green Logistics“ für 2/3 der befragten Unternehmen eine wichtige Rolle. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was die Gründe hierfür sind. Hier antworten die Unternehmen, dass die CO2-Emissionen zwar heute noch kein bedeutender Kostenfaktor sind (33 %), sich dies jedoch in Zukunft ändern wird (56 %). Insofern will man sich schon heute auf mögliche Kostensteigerungen in der Zukunft vorbereiten.
Entscheidend ist für die Logistiker aber auch der Kundenwunsch. Drei Viertel der Unternehmen geben als Grund für ihre Umweltschutzaktivitäten ein steigendes Umweltbewusstsein der Kunden an. Umweltschutz entwickelt sich somit zunehmend zu einem Wettbewerbsfaktor. Wichtig sind aber nicht nur die Kunden. Auch schon aufgrund des steigenden Umweltbewusstseins der Bevölkerung ist es für das Image des eigenen Unternehmens wichtig, sich mit dem Thema intensiv zu beschäftigen (85 %).
Green Logistics baut auf drei wesentlichen Pfeilern auf. Verkehr vermeiden, vermindern und verlagern. Der ressourcenschonendste Verkehr ist der, der gar nicht erst stattfindet. Insofern ist in Zukunft z.B. eine noch stärkere Bündelung gefragt, Lagerhaltung gewinnt wieder an Relevanz und Expressfahrten kommen auf den Prüfstand. Darüber hinaus müssen die Logistikanlagen sehr viel mehr auf ihre Energieeffizienz hin überprüft werden. Im Hinblick auf die Verminderung bestehen bei allen Verkehrsträgern noch erhebliche Potenziale, zumal bei den bisherigen Normen der Energieverbrauch und damit die CO2-Emission eine untergeordnete Rolle spielte.
Ein zentraler Ansatzpunkt liegt schliesslich in der Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger, insbesondere die Schiene. Dies wird umso wichtiger, da für den Lkw-Fernverkehr, im Gegensatz zum Pkw- und Verteilverkehr bisher keine Alternative zum Verbrennungsmotor, z.B. durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen, absehbar ist.