Die «Shareconomy» wird in Zukunft auch in der Logistik eine wichtige Rolle spielen und ist Teil der Digitalen Transformation unserer Wirtschaft. Heike Simmet, Professorin für Betriebswirtschaft an der Hochschule Bremerhaven, erläutert im Interview, was die Branche jetzt tun sollte, um zu den Gewinnern dieser Entwicklung zu zählen.
Wie sollten Logistikunternehmen mit dem Megatrend «Sharing» umgehen?
Wichtig ist es, das Thema «Sharing Economy» sehr ernst zu nehmen und es zur Chefsache zu machen. Denn wir stehen erst am Anfang der Entwicklung einer neuen Sharing-Kultur. Diese neue Kultur wird in Verbindung mit den zur Verfügung stehenden neuen Technologien zu einem tiefgreifenden Wandel sämtlicher Strukturen und Prozesse in der Logistik führen.
Wo könnte die «Shareconomy» denn in der Lieferkette künftig eine besondere Rolle spielen?
Auch klassische Logistikunternehmen müssen systematisch nach geeigneten Anwendungsbereichen für das «Sharing» suchen. Sonst geraten sie ganz schnell ins Hintertreffen gegenüber dynamischen Start-ups. Dabei sollte immer vom Nutzen für den Kunden ausgegangen werden. Traditionelle Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse müssen völlig neu vom Kundennutzen her gedacht werden. Die konkrete Umsetzung hat dann Schritt für Schritt zu erfolgen. Aufgrund der Schnelligkeit der technologischen Veränderungsprozesse ist ein exaktes Vorplanen nach dem Reissbrett-Prinzip nicht mehr möglich.
Schaffen herkömmliche Logistik-Unternehmen das alleine?
Nein. Es sollten daher frühzeitig verlässliche Partner für die neuen Sharing-Konzepte gewonnen werden. Denn auch in der digitalen Welt der «Sharing Economy» bildet der Faktor Vertrauen nach wie vor die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Dabei sollte man nicht allzu lange warten. Denn die Potenziale für eine Steigerung der Effizienz logistischer Prozesse sind durch eine Neugestaltung logistischer Netzwerke nach dem Sharing-Prinzip bereits jetzt immens. Die Potenziale der «Sharing Economy» werden sich in der Logistik aber erst mit der zunehmenden Verbreitung des «Internet der Dinge» voll erschliessen lassen. Vor allem mittelständische Unternehmen sind gut beraten, wenn sie sich jetzt auf die neuen Modelle der «Sharing Economy» vorbereiten und erste mutige Schritte in Richtung der Shared Logistik wagen.
Und wie sieht es künftig mit dem Kundenservice aus? Wird er durch die «Shareconomy» verändert?
Auf jeden Fall. Der klassische Kundenservice wurde in der Vergangenheit überwiegend vom Unternehmen selbst beziehungsweise durch Call Center als externe Dienstleister durchgeführt. Der Kunde ist in diesem Modell der One-to-One-Kommunikation lediglich passiver Empfänger von Serviceleistungen. Im Zuge der Verbreitung von Self-Service übernimmt er bereits eine aktivere Rolle: Durch das aktive Bedienen von Apps, die Nutzung von FAQ oder das Anschauen von How-to Videos bringt der Kunde heute verstärkt Eigenleistungen in den Serviceprozess mit ein. Das Know-how Sharing ist hier aber noch gering. Das sieht bei unternehmenseigenen Service-Communities schon anders aus. Bei einem Kunden-helfen-Kunden-Forum, einer Support-Community oder einer Feedback-Community übernimmt der Kunde nicht nur eine aktive Rolle im Service, sondern er erbringt seine Leistungen mehr und mehr unabhängig vom Unternehmen. Dieses fungiert in einem solchen Crowd Customer Service vor allem als Moderator des vom Kunden eingebrachten Know-hows.