Durch sein beherztes Eingreifen hat Micha Diefenbacher (21) kürzlich einen Zusammenprall zwischen Lastwagen und S-Bahn verhindert. Im Interview erzählt der Mitarbeiter der Regionalen Cargo Produktion in Frauenfeld von SBB Cargo, wie es dazu gekommen ist.
Kürzlich wurde in Winterthur ein Lastwagen zwischen den Schranken eingeklemmt. Du konntest in letzter Sekunde einen Unfall verhindern. Was ist passiert?
Ich war gerade daran, in Winterthur-Grüze eine Weiche zu wischen, die sich nicht mehr stellen liess. Auf einmal hörte ich lautes Hupen von Autos. Ein Lastwagen war trotz roter Ampel noch auf einen Bahnübergang gefahren. Weil sich die Barrieren rasch senkten, wurde er eingeklemmt. Ich meldete den Vorfall umgehend dem Fahrdienstleiter, welcher einen Notruf absetzte. Ich sah, dass die S-Bahn schon herannahte. Ich rannte dem Zug sicher 200 Meter entgegen und gab ihm Handzeichen, sofort zu stoppen. Darauf kam die S-Bahn zum Glück noch rechtzeitig zum Stehen.
Wenn Du nicht sofort eingegriffen hättest, wäre es zu einem Zusammenprall gekommen?
Ja, es war ein Glück, dass ich gerade an Ort und Stelle war. Ob der Lokführer wegen meines Handzeichens stoppte, oder weil er den Notruf des Fahrdienstleiters hörte, weiss ich nicht.
Wie reagierte der Chauffeur des Lastwagens?
Ich rannte anschliessend zur Barriere zurück. Der Chauffeur stieg aus und fluchte auf Italienisch. Ich verstand nicht, was er sagte. Er realisierte offenbar nicht, dass beinahe ein Zug in seinen Lastwagen gefahren wäre. Ich gab dem Fahrdienstleiter auch die Kontrollnummer des Lastwagens durch. Dieser rief die Kantonspolizei an, die innert kürzester Zeit aufkreuzte und ihn einvernahm. Dann regelte ich den Verkehr, der sich wegen des Vorfalls staute.
Hattest Du bei dem Vorfall Zeit zu überlegen, was Du machen sollst?
Nein, ich handelte intuitiv. Ich informierte den Fahrdienstleiter und rannte, was ich konnte, dem herannahenden Zug entgegen, schliesslich ging es um Menschenleben.
Hast Du schon mehr brenzlige Situationen erlebt?
Nein, so etwas ist mir noch nie passiert. Ich bin aber jemand, der kühlen Kopf bewahrt.
Was hast Du für Zukunftspläne?
Nun muss ich erst mal in den Militärdienst einrücken, um meinen Unteroffiziersgrad abzuverdienen. Nachher freue ich mich wieder auf meine Arbeit. Ich bewerbe mich zurzeit als Zugverkehrsleiter: mal schauen, ob es klappt.