Die Basler Zeitung veröffentlicht heute ein grosses Interview mit Nicolas Perrin, CEO von SBB Cargo. Darin geht es unter anderem um den Transitverkehr durch die Schweiz, die Verkehrsverlagerung, die Standardisierung der IT und den Binnenverkehr.
Zum Thema „Wagenladungsverkehr in der Schweiz“ beantwortete Nicolas Perrin in dem Gespräch unter anderem diese Fragen:
BAZ: Wer sind denn Ihre Kunden?
Perrin: Alle grossen Schweizer Firmen, die Güter transportieren, nehmen unsere Dienstleistungen in Anspruch. Wir haben einen Marktanteil von 23 Prozent an der Transportleistung im gesamten Binnen-Güterverkehr . Das ist auch im europäischen Vergleich sehr viel. Zu unserem Kundenkreis gehören Firmen wie Coop, Migros, Holcim, Ikea, Feldschlösschen oder auch die Post. In einem Migros oder Coop im Tessin werden Sie nichts finden, was nicht mit uns transportiert worden ist – abgesehen vielleicht von einem lokal produzierten Bio-Ei.
BAZ: Sie sagten neulich, dass von ihren 500 Zustellpunkten in der Schweiz nur 28 Prozent ganze 90 Prozent des Volumens ausmachen. Anders gesagt: 360 Zustellpunkte könnte man also ganz einfach schliessen?
Perrin: Das heutige feinverästelte Netz mit seinen 500 Punkten ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll. Wir sind nach unseren Analysen zum Schluss gekommen, dass wir 155 schlecht ausgelastete Punkte sanieren müssen. Das heisst, wir überprüfen sie mit den Kunden zusammen und suchen mit ihnen nach Lösungen. Ein Ansatz ist, Punkte zu konzentrieren, allenfalls sind auch Kunden bereit, an einzelnen Punkten etwas mehr zu zahlen. Oder wir bedienen sie vielleicht nur noch zwei Mal pro Woche statt täglich wie heute. Ein Teil dieser 500 Punkte liegt allerdings auf dem Netz der Privatbahnen, die heute schon Abgeltungen erhalten. Da haben wir keinen Einfluss. Und es gibt auch schwach frequentierte Punkte, an denen wir ohnehin mit der Rangierlok vorbeifahren.
BAZ: Punkte, an denen Sie nicht viel generieren, aber wo es vom Aufwand her machbar ist?
Perrin: Genau.
BAZ: Wird es auch Schliessungen geben?
Perrin: Ja, das wird nicht zu vermeiden sein.
BAZ: Vor welchen Herausforderungen stehen Sie dabei?
Perrin: Im Binnenverkehr gibt es keinen expliziten Verlagerungsauftrag. Der Bund hat uns den Auftrag gegeben, ein Netz zu betreiben, das die Bedürfnisse der verladenden Wirtschaft abdeckt. Das wird auch in Zukunft der Fall sein. Auch ein Netz mit 350 oder 300 Punkten ist immer noch ein sehr leistungsfähiges Netz, auch im Vergleich mit anderen Ländern. Von den 155 Punkten, die wir sanieren wollen, werden 126 Punkte mit individuellen Kundenlösungen bedient und können direkt mit den Kunden verhandelt werden. Die restlichen 29 Punkte sind heute Teil des Grundnetzes. Dazu legt SBB Cargo den Sanierungsfahrplan mit dem Bund fest. Unser Ziel ist, den Güterverkehr betriebswirtschaftlich zu betreiben. Auch der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) unterstützt diese Stossrichtung. Nur ein wirtschaftliches Netz ist längerfristig auch volkswirtschaftlich sinnvoll.