Beim «Zukunftskongress Logistik», der unlängst in Dortmund stattfand, haben die Teilnehmenden über die Digitalisierung der Branche diskutiert. Einigkeit bestand darin, dass daran kein Weg vorbei führt. Doch wie sieht das Logistik-4.0-Zeitalter aus?
Michael ten Hompel brachte in seiner Einführung die künftige Entwicklung der Geschäftsmodelle in der Logistik mit wenigen Worten auf den Punkt: «Keine App, kein Geschäft». Denn es liege auf der Hand, dass in einer digitalen Welt die Software zum wettbewerbsentscheidenden Faktor werde und mobile Anwendungen dabei eine wichtige Rolle spielen. Der geschäftsführende Leiter des Dortmunder Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik räumte auf dem Zukunftskongress Logistik aber auch ein, dass es heute noch nicht klar zu erkennen ist, wie das Logistik-4.0-Zeitalter einmal aussehen wird.
Drei Argumente sprechen jedoch nach Meinung des Wissenschaftlers für eine vierte industrielle Revolution, in deren Folge sich auch die Logistikprozesse massiv verändern werden:
- Es sind nun alle Basistechnologien vorhanden, um Dinge zu massentauglichen Preisen intelligent zu vernetzen.
- Die wachsende Komplexität von Prozessen lässt sich nur durch Industrie-4.0-Technologien beherrschen.
- Schon bald wird es erfolgreiche neue Geschäftsmodelle geben. In der Logistik kommen dabei künftig vermehrt hybride Dienstleistungen auf den Markt, bei denen physische Warenbewegungen und informationslogistische Dienstleistungen Hand in Hand gehen.
«50 Prozent der Unternehmen, die sich nicht genug mit IT-Themen beschäftigen, werden in den nächsten Jahren in Schieflage kommen», warnte ten Hompel. Hansjörg Rodi, Vorstandsvorsitzender der Schenker Deutschland AG, sah das auf der Veranstaltung ähnlich: «Wer sich nicht anpasst, dürfte zumindest in Teilen existenziell gefährdet sein». Auch in der Logistik würden sich ähnliche Plattformen entwickeln wie heute schon im Reise- und Hotelbuchungsbereich. Wer hier den Kundenzugang habe, gewinne das Rennen.
Rodi: «Solche Plattformen gibt es zwar schon. Offen ist jedoch noch, wer vorn sein wird, da hier Skalenvorteile entscheidend sind.» Auch Branchenfremde mit einer guten Idee, IT-Kompetenz und einer schnellen App hätten gute Chancen. «Wir werden noch Markteintritte von schnellen, effizienten und agilen Unternehmen erleben, die vor allem mit Informationen und Daten intelligent umgehen», unterstrich Rodi.
Cargo Magazin 3/15
Unter dem Titel «360° Digital Freight Forwarder» arbeitet Schenker bereits an einer digitalen Lösung für die komplette Abwicklung – vom Kundenauftrag bis hin zur Abrechnung. «Durch das Darstellen von Transparenz über die ganze Supply Chain unserer Kunden werden wir die Möglichkeit haben, deren Logistik deutlich besser zu gestalten», so Hansjörg Rodi. Das setze jedoch voraus, dass die Auftraggeber sich auch mehr öffnen. Wichtig sei zudem ein Denken in Netzwerken.
Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft in Deutschland, wies noch darauf hin, dass die Digitalisierung nicht nur Chancen, sondern auch erhebliche Risiken berge. So werde die Gewährleistung der Datensouveränität eine massgebliche Rolle für das Gelingen der vierten industriellen Revolution spielen.
Hoffentlich wird man die Gefahren der Digitalisierung wirklich auch Ernst nehmen und nicht so total technik-gläubig auf jeden App-Hype aufsitzen. Wenn Firmen „Schieflage“ angedroht wird, wenn sie nicht massiv in IT investieren würden, finde ich sehr einseitig und eben auch sehr gefährlich.