Mit zehn Jahren Verspätung kommt Deutschland seiner Verpflichtung zum Ausbau des NEAT-Zubringers doch noch nach. Nach einer Grundsatzentscheidung des deutschen Parlaments für die Erweiterung der Rheintalbahn können nun bis zum Jahr 2030 alle weiteren Hürden genommen werden.
Zum Ausbau der 182 Kilometer langen Strecke von Karlsruhe nach Basel hatte sich die Bundesrepublik Deutschland in einem Staatsvertrag mit der Schweiz verpflichtet. Sie ist eine der meist befahrenen Gleiswege in Europa und liegt im Herzen des europäischen Schienenverkehrskorridors 1 «Rhine-Alpine» zwischen den Nordseehäfen Rotterdam und Antwerpen über die Schweiz bis nach Genua. Heute befahren bereits täglich 225 Güterzüge die derzeit noch zweigleisige Strecke, bis zum Jahr 2025 soll ihre Zahl auf den am stärksten belasteten Abschnitten – so Prognosen – auf 335 steigen.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann lobte die einstimmig getroffene Parlamentsentscheidung: «Die Bahnstrecke im Rheintal ist ein zentraler und unverzichtbarer Baustein eines europäischen Güterverkehrsnetzes, das es ermöglichen wird, einen grossen Teil der Transporte von der Strasse auf die Schiene zu verlagern». Nun sei die Realisierung von Lärmschutz- und Umfahrungslösungen möglich, welche mit Anwohnern der Bahnstrecke nach jahrelangen Protesten ausgehandelt worden waren. Ursprünglich war eine Fertigstellung für das Jahr 2020 geplant gewesen.
Die jetzt gefundene Einigung umfasst drei Punkte: Anstelle des ursprünglich geplanten oberirdischen Ausbaus wird in Offenburg – einem der besonders kritischen Punkte der Strecke – ein zweiröhriger, etwa sieben Kilometer langer Tunnel errichtet. Die Mehrkosten von rund einer Milliarde Euro übernimmt der Bund. Zwischen Offenburg und Riegel entsteht eine zweigleisige Güterzugtrasse parallel zur Bundesautobahn A5. Die bestehende Strecke wird für den Personenfernverkehr ertüchtigt. Beide Strecken erhalten umfangreichen Lärmschutz.
Über das gesetzlich geforderte Mass hinaus erhält zudem die Trasse zwischen Hügelheim und Auggen Lärmvollschutz und transparente Lärmschutzwände. Das Land Baden-Württemberg beteiligt sich an den Mehrkosten für die beiden letzteren Massnahmen mit 280 Millionen Euro. Die Kosten für das Gesamtprojekt steigen damit auf fast neun Milliarden Euro.
Auch das Schweizer Bundesamt für Verkehr (BAV) begrüsste den Entscheid: «Er stellt einen bedeutenden Schritt hin zum Ausbau der wichtigsten Zulaufstrecke der NEAT im Norden dar und wir sind zuversichtlich, dass der Ausbau der Rheintalbahn auch die weiteren Hürden nehmen wird». Die späte Fertigstellung sei kein Problem: «Die Zunahme der Gütertransporte wird nicht auf einen Schlag erfolgen, es müssen also nicht sämtliche zusätzliche Kapazitäten per 2020, der Inbetriebnahme der gesamten Achse in der Schweiz, vorhanden sein».
Damit die Güterverkehrskapazitäten bereits vor der Inbetriebnahme der beiden zusätzlichen Gleise bedarfsgerecht erhöht werden können, hat der deutsch-schweizerische Lenkungsausschuss bereits im Mai 2015 der DB Netz den Auftrag erteilt, entsprechende kurz- und mittelfristig realisierbare Massnahmen zu prüfen und Vorschläge zu machen.