„Während Europas Staaten immer weiter zusammenwachsen, fallen für viele Güterzüge an den Grenzen noch immer die Schlagbäume – und das, obwohl das europäische Schienennetz für den Güterverkehr seit dem 1. Januar 2007 vollständig geöffnet ist“.
Mit diesen Worten wurde heute auf der transport logistic die Veranstaltung „Wann fallen die EU-Grenzen für Güterzüge in der Praxis? – Europas langer Weg zum Schengen auf der Schiene“ des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e.V. angekündigt.
Ihr Tenor: Die politisch umgesetzte Liberalisierung kann ihre Wirkung erst dann voll entfalten, wenn die immer noch bestehenden Hemmnisse auf der Schiene beseitigt sind. „Triebzüge müssen noch immer zeitaufwendig ausgetauscht werden oder mit viel Geld mehrsystemfähig nachgerüstet werden, um die Hürden der je verschiedenen nationalen Leit- und Sicherungssysteme zu überwinden“, nannte VDB-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Ronald Pörner in seiner Einführung einige Beispiele. Hinzu komme die administrative Anerkennung von ausländischen Schienenfahrzeugen mit höchst detaillierten Vorschriften. Auch die Anerkennung des europäischen Lokführerscheins habe sich noch nicht durchgesetzt. „Trotz dreier Eisenbahnpakete, die die EU-Kommission erfolgreich auf den Weg gebracht hat, ist auch die vollständige Liberalisierung des gesamten Schienenverkehrsmarkts in Europa noch lange nicht erreicht“, betonte Prof. Pörner.
Über die Erfahrungen der Verlagerung von Transporten von der Strasse auf die Schiene in der Schweiz berichtete Dr. Peter Füglistaler, Direktor im Bundesamt für Verkehr in Bern. Er plädierte für eine hohe Schwerverkehrsmaut für Lastwagen, in der Schweiz habe dieses Mittel bereits eine sehr positive Wirkung entfaltet: Ein Drittel der Lastwagenfahrten im alpenquerenden Verkehr seien inzwischen auf die Schiene verlagert worden. Mit einem Marktanteil von 61 Prozent im Transit und 27 Prozent im Binnenverkehr erreiche die Güterbahn zwar schon Spitzenwerte. „Weitere Erfolge werden wir jedoch nur in der europäischen Zusammenarbeit erreichen“, zeigte sich Dr. Füglistaler überzeugt.
Ein Problem sei allerdings die Kostenseite. Jeder Container, der auf der Bahn die Schweiz durchquert, müsse derzeit mit 120 Euro subventioniert werden. „Diese Subventionen wollen wir in den nächsten Jahren abbauen“, unterstrich der Schweizer Verkehrsexperte. Und auf die zentrale Frage der Veranstaltung „Wann fallen die EU-Grenzen für Güterzüge in der Praxis?“ hatte der Direktor im Berner Bundesamt für Verkehr eine unorthodoxe Antwort: „Sobald man mit dem Gütertransport auf der Schiene Geld verdienen kann.“ Denn nur dann werde die notwendige „Revitalisierung des Schienenverkehrs in Europa“ tatsächlich stattfinden.