„Verkehrsverlagerung … quo vadis?“ Antworten auf diese Frage erhofft sich das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) von einer neuen Infrastruktur-Konferenz, die es vergangenen Freitag zusammen mit der ETH Zürich und EPFL sowie der Universität St. Gallen erstmals durchführte. Auch Experten aus der Praxis – wie zum Beispiel SBB Cargo-CEO Nicolas Perrin – kamen dort zu Wort.
Unter dem Patronat von UVEK-Vorsteherin, Bundesrätin Doris Leuthard, diskutierten Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik über die Möglichkeiten, den Gütertransport von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. „Der Güterverkehr auf der Schiene ist längst nicht am Ende“, sagte etwa Professor Ulrich Weidmann von der ETH Zürich auf der Veranstaltung. Um diesen aber konkurrenzfähig zu machen, brauche es mehr Flexibilität und eine Infrastruktur, die auf den Güterschienenverkehr zugeschnitten ist.
Dazu zähle auch ein besserer und vor allem flexiblerer Zugang zum Schienennetz. Heute habe der Personenverkehr immer erste Priorität. Selbst wenig genutzte Regionalzüge hätten gegenüber allen anderen Formen des Schienenverkehrs Vorrang. Für den Güterverkehr gebe es nur noch wenige Zeitfenster, in denen er das Netz überhaupt belegen könne. „Das beisst sich mit der beim Güterverkehr vom Markt geforderten Flexibilität“, betonte Prof. Weidmann.
Um den Güterverkehr aufzuwerten, schlug der Verkehrsexperte mehrere Lösungen vor. So müssten die Prioritäten beim Netzzugang überdacht werden. Die Netzentwicklung und die Investitionen sollten stärker auf den Güterverkehr ausgerichtet werden, insbesondere im Nord-Süd-Verkehr, der auf eine höchstmögliche Güterkapazität hin ausgebaut werden soll, nicht aber für eine maximale Geschwindigkeit im Personenverkehr.
Laut Nicolas Perrin, CEO von SBB Cargo, erarbeitet die Schweizer Güterbahn langfristige Projekte, um das erwartete gewichtige Mengenwachstum im Transport auf der Schiene zu bewältigen. Das wichtigste Instrument sei dabei neben dem Ausbau der Infrastruktur auf der Nord-Süd-Achse und den Anschlussstrecken in Deutschland und Italien die nationale Terminalstrategie des Bundes. Sie sieht den Bau von zwei zentralen Güterterminals – Terminal Basel Nord und Gateway Limmattal – vor. „Damit wird eine leistungsfähige Anbindung der Schweiz an die Nordhäfen erreicht, sowohl per Schiff als auch per Schiene“, so Perrin. Die Motion „Zukunft des Schienengüterverkehrs in der Fläche“ war ebenfalls ein wichtiges Thema. Die aus der Motion folgende Gesetzgebung regelt nämlich die Zukunft des Binnengüterverkehrs von SBB Cargo.
Die Quote der Bahn im alpenquerenden Güterverkehr ist in der Schweiz mit 64 Prozent europaweit ungeschlagen. In Österreich beträgt er nur ein Drittel und in Frankreich gerade mal 14,3 Prozent. Doch trotzdem bleibt noch viel zu tun. Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamtes für Verkehr (BAV), sprach in Zürich deutliche Worte: „Die Verlagerungspolitik ist ein Erfolg, die Massnahmen wirken, aber die Ziele werden verfehlt.“ Damit meinte er insbesondere das Verlagerungsziel von einer Million Lastwagen im alpenquerenden Güterverkehr, das für 2011 als Zwischenziel definiert wurde, um die gesetzlich festgelegte Obergrenze von 650.000 Fahrten zu erreichen. Dieses Endziel wurde auf 2018 verschoben, scheint aber ausser Reichweite. Heute fahren immer noch weit mehr als eine Million Camions pro Jahr durch die Schweiz. Mit all den negativen Folgen für Mensch und Umwelt.