Sassan Rabet ist seit Anfang Mai 2013 CEO von Xrail, der europäischen Allianz zur Stärkung des internationalen Einzelwagenverkehrs. Er arbeitet seit 2001 im Bahnsektor und war vor seinem Wechsel nach Brüssel u.a. in den Bereichen Strategie, Unternehmensentwicklung und Produktmanagement bei SBB Cargo tätig. In unserem Kurzinterview erläutert er die Einführung eines internationalen Kapazitätsmanagements bei den beteiligten sieben Güterbahnen ab 2015.
Warum hat eine nahtlose Kapazitätsbuchung für internationale Einzelwagenverkehre in Europa so einen hohen Stellenwert?
Sassan Rabet: Seit ihrer Gründung im Jahr 2010 arbeitet die Xrail-Allianz kontinuierlich an der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Einzelwagenverkehrs in Europa und leistet damit schon heute einen entscheidenden Beitrag zur Verlagerung von Verkehren von der Strasse auf die Schiene und zum Umweltschutz. Mit der Einführung des internationalen Kapazitätsbuchungssystems ab 2015 wird die nächste Stufe dieser umfassenden Kooperation sowie die volle Netzabdeckung mit den Xrail-Qualitätsstandards erreicht.
Die Güterbahnen stehen heute im Wagenladungsverkehr vor zwei grossen Herausforderungen: 1. Die Gewährleistung einer höheren Qualität und 2. die Steigerung der Effizienz. Wir wollen mit der einheitlichen Kapazitätsbuchung den grenzüberschreitenden WLV zuverlässiger gestalten. Je nachdem, wie viele Wagen von den Kunden an einem bestimmten Tag in das Netz gesandt werden, ist dieses sehr schlecht ausgelastet oder tendenziell überlastet und die Wagen sind folglich schneller oder langsamer unterwegs.
Entsprechend schwer ist es derzeit, vorab eine zuverlässige Ankunftszeit zu definieren. Unser Ziel ist es, mit Hilfe der gesteuerten Kapazitäten das Wagenladungsnetz mit einer hohen Pünktlichkeit zu versehen und zugleich deutlich effizienter zu betreiben. Wir wollen also Effizienz und Qualität miteinander verheiraten, um so den WLV in Europa langfristig nachhaltig gestalten zu können.
Welche Hürden sind dabei zu überwinden?
Sassan Rabet: Zunächst mussten alle Beteiligten davon überzeugt werden, diesen grossen Schritt zu gehen. Denn der bedeutet einen grundsätzlichen Prozesswandel – sowohl in der Produktion wie auch im Vertrieb. Die Vorbereitung und Umsetzung einer solchen Veränderung braucht ihre Zeit, von der Neugestaltung der Abläufe bis zur Schulung der Mitarbeiter. Dazu kommt, dass bisher nur eine der beteiligten Güterbahnen über ein entsprechendes IT-System verfügt. Alle anderen sind gerade erst dabei, diese Voraussetzung parallel zu entwickeln. Und dann braucht es auch noch eine übergreifende IT-Lösung seitens Xrail, um die Kapazitäten grenzüberschreitend managen zu können. Dies alles ist keineswegs trivial.
Wenn man sich die europäische Landkarte anschaut, gibt es darauf noch etliche weisse Flecken für Xrail – werden die mit der Zeit verschwinden?
Sassan Rabet: Unsere Allianz ist offen für weitere Mitglieder, die diese weissen Flecken geografisch abdecken. Alternativ können das aber auch die bisher schon beteiligten Güterbahnen aus eigener Kraft schaffen – etwa in Norditalien, wo sich Trenitalia weitestgehend aus dem WLV verabschiedet hat. NordCargo, eine Beteiligung von DB Schenker Rail, bietet dort bereits ab Ende 2013 die Xrail-Standards für diverse Stationen an. Und die zur Rail Cargo Group gehörende Rail Cargo Italia folgt im Laufe von 2014. Insgesamt werden dann in dieser Region rund 30 weitere Stationen von den internationalen Xrail-Servicefeatures profitieren.
Noch einmal konkret: Welchen Nutzen haben die Bahnkunden künftig von der Einführung kapazitätsgesteuerter Netzwerke und deren internationalem Verbund?
Sassan Rabet: Die Kunden können im Zukunft durchgehend über alle Netzwerke der Xrail-Bahnen die gewünschte Transportkapazität buchen und bekommen diese dann garantiert zugeteilt inklusive einer zuverlässigen, erwarteten Ankunftszeit (ETA). Im Falle von Abweichungen erhalten Kunden eine Benachrichtigung samt einer neuen Ankunftszeit und können zudem über das Track & Trace-System jederzeit verfolgen, wo sich ihre Wagen gerade befinden. Die Kunden des Wagenladungsverkehrs werden so vor allem in drei Bereichen profitieren: Höhere Zuverlässigkeit von mindestens 90 Prozent im internationalen Wagenladungsverkehr auf dem gesamten Xrail-Netz, mehr Transparenz vor dem Transport durch buchungsspezifische, internationale Transportpläne von Anschlussgleis zu Anschlussgleis, sowie während des Transports durch proaktive Informationssysteme.
Wie das genau funktioniert, erfahren Sie in diesem Video:
Weitere Informationen unter www.xrail.eu.