Der Gotthard-Felssturz: Eine planerische Herausforderung

Am Montag, 18. Juni 2012 um 12.30, hat die SBB oberhalb der gesperrten Gotthard-Bahnlinie rund 2000 Kubikmeter Fels gesprengt. Die Sprengung ist erfolgreich verlaufen und ebnet nun den Weg für die Aufräum- und Instandsetzungsarbeiten. Die SBB setzt alles daran, den Betrieb auf der Gotthardlinie so schnell als möglich wieder aufzunehmen und auch den Gütertransport wieder in gewohntem Rahmen sicher zu stellen. Aktuell geht die SBB davon aus, dass die Gotthardbahnlinie am Abend des 2. Juli wieder in Betrieb genommen werden kann. SBB Cargo ist von der Gotthardsperre sowohl im internationalen wie auch im Binnenverkehr stark betroffen.

Das Tessin hat durch die Sperre für rund einen Monat keine direkte Anbindung auf der Schiene. Die Transporte von und nach dem Tessin erfolgen teilweise auf einer Umfahrung via Lötschberg/Simplon und Domodossola durch Italien nach Chiasso. Zement kann in Altdorf, Kies in Flüelen auf die Strasse verladen werden und gelangt auf diesem Weg ins Tessin.

Der Fels in Gurtnellen wird nach der Sprengung von Experten geputzt

Der Grenzbahnhof Domodossola erweist sich als Nadelöhr, was die Abwicklung sowohl des Binnen- als auch des Transitverkehrs via Lötschberg-Simplon zusätzlich erschwert. Infolge der starken Belastung des Grenzbahnhofs mussten Züge verschiedener Güterbahnen in den angrenzenden Ländern abgestellt werden. Zur Zeit sind noch nicht alle Restlasten überführt. Von und nach dem Tessin besteht weiterhin eine Annahmesperre.

Das oberste Ziel von SBB Cargo im Binnenverkehr ist es, die Versorgung des Tessins sicher zu stellen. Ein Teil des Transitverkehrs kann durch die Umleitungen via Lötschberg/Simplon abgedeckt werden. Die knappen Transportkapazitäten müssen optimal genutzt werden. Bahnunternehmen und Kombi-Operateure bündeln daher im internationalen Transitverkehr ihre Volumen und Ressourcen und es besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen den betroffenen und beteiligten Unternehmen.

Beispielsweise reduziert RAlpin – die Betreiberin der Rollenden Landstrasse (RoLa) – ihr Angebot über die Lötschbergachse, damit mehr Züge für unbegleitete Sendungen fahren können. Diese Transporte sind nämlich zwingend auf die Schiene angewiesen und SBB Cargo will erreichen, dass möglichst wenig zusätzliche Kapazität auf der Strasse aufgebaut wird. BLS Cargo stellt allen Bahnunternehmen Schiebedienste auf den Bergstrecken zur Verfügung. An den Grenzen setzt SBB Cargo International zusätzliche Rangierteams ein. Hupac steuert das Verkehrsvolumen so, dass eine maximale Auslastung der Züge erreicht wird. Auf der RoLa haben Gefahrguttransporte Priorität, um die Zunahme von Gefahrgutsendungen im Strassentransit einzuschränken. Terminlich kritische Güter für Handel und Post verkehren in Absprache mit unseren Kunden per LKW.

Alle beteiligten Mitarbeitenden arbeiten rund um die Uhr an der Entschärfung dieser Ausnahmesituation und sind stark gefordert. Denn die Planung erfolgt kurzfristig und muss teilweise mehrmals umgestellt werden. Auch der Einsatzort kann ändern. So sind Lokführer in Basel, der Zentralschweiz und im Tessin stark von der Sperre betroffen da es in diesen Regionen wenige alternative Einsatzmöglichkeiten gibt. Rund ein Dutzend von ihnen wird in Brig eingesetzt, wo der Bedarf durch die Umleitungen via Lötschberg/Simplon erhöht ist. Einige wenige Lokführer in der Zentralschweiz arbeiten während der Sperre vorübergehend für den Personenverkehr. Lokführer aus Bellinzona können in Italien eingesetzt werden. Zudem werden Weiterbildungstage, die für den Sommer und Herbst geplant waren, wenn möglich auf den Juni vorverlegt. Darüber hinaus können die Mitarbeitenden auf eigenen Wunsch ihre Ferien vorziehen.

Die Kunden haben mehrheitlich Verständnis für die schwierige Situation. Sie brauchen verlässliche Transporte und daher hat für SBB Cargo eine stabile Planung oberste Priorität. Wir setzen deshalb alles daran, in dieser besonderen Situation flexible und unkomplizierte Lösungen anbieten zu können.

Ein Kommentar zu “Der Gotthard-Felssturz: Eine planerische Herausforderung

  1. Grossen Respekt für die Leistungen, die jetzt erbracht werden müssen, auch in organisatorischer Hinsicht! Und ich freue mich darauf, bald wieder Güterzüge am Gotthard fotografieren zu können!

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